100 Jahre Entfestigung – der 22. Dezember 1922

Die I.M.K.K. nimmt die Arbeiten ab

Am 22. Dezember trafen sich die Vertreter der I.M.K.K. unter ihrem Leiter Oberst Ver Eecke, dem Vorstand des Koblenzer Entfestigungsamts Eduard Hüger und einem Vertreter der deutschen Heeresfriedenskommission vor Ort an den Festungswerken, um die Zerstörungen der letzten Monate abzunehmen. Zu diesem Anlass wurde für jedes Werk ein Abnahmeprotokoll angefertigt, aus dem der Umfang der Zerstörungen und die Bestätigung der alliierten Kontroll-Kommission hervorgeht, dass die Maßnahmen den Forderungen der I.M.K.K. entsprach.

Abb. 1: Koblenzer Heimatblatt Nr. 10, 10. Mai 1931

Die Besichtigung des zerstörten Kriegspulvermagazins I im Innenhof des Reduits der Feste Kaiser Franz dürfte vermutlich nur wenig Zeit in Anspruch genommen haben. Oberst Ver Eecke bestätigte jedenfalls die Umsetzung der geforderten Maßnahmen mit einem „Oui“ im Protokoll.(1) Mit dem Abschluss dieser Maßnahme war die Feste Kaiser Franz gänzlich entfestigt.

Wesentlich mehr Zeit dürfte an diesem 22. Dezember 1922 die Besichtigung der Feste Kaiser Alexander beansprucht haben. Über das Ausmaß der dortigen Zerstörungen heißt es im Protokoll: „Sämtliche Bauten […] sind vollständig, die Grabenmauern in der linken Flanke und der Kehle forderungsgemäß halb und die Minengänge und Poternen auf 1/3 zerstört. […] Der Hohlgang nach Fort Konstantin wurde an 8 Stellen zerstört, die Wälle in der Front sind auf die vorgeschriebene Höhe abgetragen, die [Erd]massen in den Graben gefüllt und mit 5/1 Anlage ausgeglichen worden. Die Feuerlinien in den Flanken und der Kehle wurden bis auf die Geschützbankette abgetragen.“ Auch hier bestätigte Ver Eecke die erfolgreiche Umsetzung der Maßnahmen mit einem „Oui„.(2)

Während der Entfestigungarbeiten an der Feste Kaiser Franz (inkl. der Moselflesche) wurden 33 200 m³ Erde bewegt und 26 547 m³ Mauerwerk gesprengt. Hierbei kamen ca. 6,5 t Sprengstoffe zum Einsatz. An Verbrauchsmaterial wurden bei den Sprengungen 2 120 Glühzünder, 461 Sprengkapseln und 525 m Zündschnüre verwendet. Die Kosten für die gesamten Entfestigungsarbeiten betrugen ca. 45 650 Goldmark. Abzüglich des Verkaufserlöses z. B. des gesicherten Steinmaterials von ca. 6 600 Goldmark beliefen sich die Kosten auf ca. 39 000 Goldmark.(3) Die Kosten für die Feste Alexander, die Schanze Großfürst Alexander und das Fort Konstantin beliefen sich auf rund 142.000 Goldmark.(4)

Mit den Bestätigungen des 22. Dezembers 1922 war das linke Rheinufer in Koblenz entfestigt. Allerdings konnten die Deutschen nicht über die Liegenschaften verfügen – die französische Besatzung beanspruchte die Festungsgelände weiter für sich. Erst mit dem französischen Abzug Ende November 1929 wurde der Weg für eine weitere Verwertung frei.

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Vgl. Verhandlung über die Ausführung von Schleifungsarbeiten an Festungsanlagen in Coblenz, die in Ausführung des Artikles 180 des Friedensvertrags von Vesailles vorgenommen worden sind, hier Entwurf zur Feste Franz vom 22.12.1922, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 6, Dokument ohne Nr.
(2) Verhandlung über die Ausführung von Schleifungsarbeiten an Festungsanlagen in Coblenz, die in Ausführung des Artikles 180 des Friedensvertrags von Vesailles vorgenommen worden sind, hier Entwurf zur Feste Alexander vom 22.12.1922, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 6, Dokument ohne Nr.
(3) Vgl. Übersicht der Kosten für die Entfestigungsarbeiten, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 1. Eine amerikanische Quelle berichtet von ca. „16,000 pounds of explosive (dynamite and powder)”, die zum Einsatz kamen (vgl. American Representation in Occupied Germany 1920-1921, Vol. II, S. 208f., Übersetzung M. Kellermann: „16.000 Pfund Explosivstoffe (Dynamit und Pulver“)). Die Bestandslisten des Entfestigungsamts geben für die Feste Kaiser Franz einen Verbrauch von ca. 6,95 t Sprengmunition an, wobei hier möglicherweise noch Bedarfe für die Bubenheimer Flesche eingerechnet sind, sowie 123 kg Sprengpulver (vgl. die Bestandslisten des Entfestigungsamts vom Dezember 1920 bis zum November 1921, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 3.
(4) Vgl. Wagner, F.: Die Schleifung der Festung Koblenz – Ehrenbreitstein nach dem Weltkrieg, in: Koblenzer Heimatblatt, 8. Jahrgang, Nr. 10, 1931 (Online-Ausgabe bei Dilibri)

Abbildungen

Abb. 1: dilibri Rheinland-Pfalz (www.dilibri.de), CC BY-NC-SA 3.0, bearbeiteter Ausschnitt. Foto Joseph Ring, Koblenz, 1922, Abb. in: Koblenzer Heimatblatt Nr. 10, 10. Mai 1931.