100 Jahre Entfestigung – Feste Kaiser Alexander – Oktober bis November 1920

Das Koblenzer Entfestigungsamt erstellt den Schleifungsplan für die Feste Kaiser Alexander

Die Serie zur Entfestigung der Feste Kaiser Alexander beginnt mit zwei Rückblicken, für den ersten gehen wir zurück in das Jahr 1920. Am 23. April 1920 hatte die für die Entfestigung zuständige Interalliierte Militär-Kontrollkommission (I.M.K.K.) eine erste Einteilung der Koblenzer Festungswerke in drei Kategorien herausgegeben. Die rechts der Mosel und links des Rheins gelegenen Werke Feste Kaiser Alexander und Fort Großfürst Konstantin wurden hier in die Kategorie 1 eingeordnet. Damit waren sie zwar zunächst vorläufig von der Zerstörung ausgenommen, sollten aber zu einem späteren Zeitpunkt ebenfalls geschleift werden. Diese einstweilige Zurückstellung der Feste Kaiser Alexander hatte die I.M.K.K. am 1. September 1920 nochmals bestätigt.(1)

Abb. 1: Blick auf die linke Flanke der Feste Kaiser Alexander, um 1920

Mit Blick auf die vorgenannte Einteilung gingen die Deutschen anscheinend davon aus, dass zu den Festungswerken der ersten Kategorie zunächst keine Schleifungspläne erstellt werden müssten. Am 1. Oktober 1920 forderte die I.M.K.K. die deutschen Stellen daher auf, auch für diese Anlagen bis zum 1. Dezember 1920 entsprechende Pläne vorzulegen.(2) Die Auffordung der I.M.K.K. rief unverzüglich den Widerspruch der deutschen Seite hervor. In einem Schreiben vom 21. Oktober 1920 sah die Koblenzer Reichsvermögensverwaltung den vorgegebenen Fertigstellungstermin als unerfüllbar an, da man angenommen hatte, „daß für alle […] vorläufig bestehen bleibenden Werke der Kategorie 1 zunächst Schleifungspläne nicht aufzustellen seien“ und dass „daher wesentliche Vorarbeiten zur Aufstellung dieser Pläne noch nicht ausgeführt“ worden waren.(3)

Genützt hat den Deutschen dieser Protest allerdings nicht. Das Entfestigungsamt plante daher die Fertigstellung des Schleifungsplans für die Feste Kaiser Alexander für den 8. November ein(4) und konnte die fertigen Unterlagen bereits am 9. November an die Verbindungsstelle der Heeresfriedenskommission nach Köln versenden.(5) Zuvor hatte der Leiter der Heeresfriedenskommission v. Cramon an den Leiter der I.M.K.K. appelliert, die Schleifungspläne wohlwollend zu prüfen:

Ich bitte, sich mit den hier vorgesehenen Arbeiten einverstanden zu erklären, um unnötige Kosten für weitere Erdarbeiten zu ersparen. Irgend welcher militärischer Wert kann dem veralteten Werk nach Durchführung dieser Arbeiten wohl nicht zugesprochen werden.„(6)

Wenig überraschend war die I.M.K.K. allerdings auch in diesem Fall nicht bereit, den Deutschen gegenüber Zugeständnisse zu machen.

Der mit „im Oktober 1920“ datierte Schleifungsplan für die Feste Kaiser Alexander und das Fort Großfürst Konstantin umfasst neun Positionen (hier als Anlagen bezeichnet). Anlage 1 beinhaltet eine „Zusammenstellung der auszuführenden Schleifungsarbeiten„, Anlage 2 die dazugehörigen „Erhaltungsanträge“ und Anlage 4 Schnitte des Festungswerks im Maßstab 1:500. Um den gewünschten Erhalt des sogenannten Löwentors zusätzlich visuell zu unterstreichen, hatte das Amt außerdem als Anlage 8 eine Ansichtskarte bzw. Fotografie des Tors beigefügt.

Der Schleifungsplan sah folgende Bauwerke der Feste Kaiser Alexander zur Zerstörung vor:

  • Hauptgrabenkaponnieren I-III,
  • Reverskaponnieren 1-3,
  • Hauptgrabenbatterien 1-6,
  • Grabenbatterien 1-8,
  • Bereitschaftsräume 1-5,
  • Bonnetkasematten I-IV,
  • Artillerie-Hohlräume 1-4,
  • Kriegspulvermagazine 1-16,
  • Verbrauchspulvermagazine 1-8,
  • Schutzhohlräume 1-31,
  • alle „Munitionsnischen an der Feuerlinie des Hautwalles“,
  • Blockhäuser 1-3,
  • Minengalerien,
  • Poternen 1-3, allerdings nur in Abschnitten,
  • Hohlgangsverbindungen unter den Grabensohlen“,
  • innere und äußere Grabenwände,
  • Graben und Wall durch Breschierung an 20 Stellen

Der Erhaltungsantrag fiel dagegen ungleich kürzer aus:

  • Haupt- und Kehlreduit,
  • zwei Kasemattenkorps,
  • das Wachtlokal [das Löwentor, Anm. des Verfassers],
  • die Latrine,
  • die Büchsenmacherei
  • der Hohlgang zu Fort Großfürst Konstantin(7)
Abb. 2: Blick auf das Kernwerk der Feste Kaiser Alexander, undatiert

Die Kosten für die gesamten Arbeiten an der Feste Kaiser Alexander bezifferte das Entfestigungsamt auf 6.000.000 Mark, wobei auf die Erdarbeiten 2.400.000 Mark und auf die Mauerarbeiten 3.600.000 Mark entfielen. Demgegenüber errechnete das Amt außerdem einen Finanzbedarf von 8.000.000 Mark, sollten die Arbeiten gemäß den Forderungen der I.M.K.K. ausgeführt werden.(8)

Damit waren die Grundlagen für die spätere Entfestigung bereits gelegt. Zunächst aber meldete die Stadt Koblenz 1921 Interesse an dem Festungsgelände an.

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Vgl. Schreiben der I.M.K.K. Nr. 3701 vom 01.09.1920, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 4, Dokument Nr. 696/20.
(2) Vgl. Schreiben der I.M.K.K. Nr. 3922 vom 01.10.1920, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 4, Dokument Nr. 846/20.
(3) Schreiben der Reichsvermögensverwaltung Koblenz Nr. 476/20 E vom 21.10.1920, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 4, Dokument Nr. 986/20.
(4) Vgl. Entwurf eines Schreibens von Eduard Hüger vom 30.10.1920, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 4, Anlagen zu Dokument Nr. 986/20.
(5) Vgl. Schreiben des Entfestigungsamts Koblenz Nr. 1103/20 vom 09.11.1920, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 4, Dokument Nr. 1103/20.
(6) Schreiben der Heeresfiedenskommission, Hauptverbindungsstelle Festungen, Nr. „F“ 961/20 vom 25.10.1920, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 4, Dokument Nr. 1110/20.
(7) Schleifungsplan zur Feste Kaiser Alexander und zum Fort Großfürst Konstantin vom Oktober 1920, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 4, Dokument ohne Nr.
(8) Anlage 7. Kostenaufstellung Feste Alexander, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 1, Anlage zu Dokument Nr. 1234/21.

Abbildungen

Abb. 1: Fotografie von Joseph Ring, Koblenz, ca. 1920. Abb. in: Deutschlands Städtebau. Coblenz. 2. Auflage anlässlich der rheinischen Jahrtausendfeier, bearbeitet von Hans Bellinghausen, erschienen im DARI-Verlag, 1925, S. 60.
Abb. 2: Sammlung R. Arenz, unbekannter Fotograf, undatiert.