Das Moselbrückentor, vor 1883
Das Fundstück der Woche 09/2020 hat auf den ersten Blick nichts mit der Feste Kaiser Franz zu tun. Es handelt sich um eine Fotografie des Moselufers an der Balduinbrücke, aufgenommen vor 1883. Das hier am stadtseitigen Ende der Moselbrücke stehende Moselbrückentor war eines der drei repräsentativen Stadttore der preußischen Festung, es sicherte den Zugang zur Stadt von der Moselbrücke her. Im Bild zu sehen ist rechts oben einer der Ecktürme des Tors und rechts in der Bildmitte die vermutlich noch hölzerne Zugbrücke.
Ein Blick in die Befestigungsgeschichte der Stadt Koblenz macht die Bezüge dieser Fotografie zur Feste Kaiser Franz deutlicher. Abgesehen von der benachbarten Eisenbahnbrücke war die historische Moselbrücke nämlich die einzige feste Moselquerung und damit eine wichtige Verbindung zum linken Moselufer und seinen Befestigungsanlagen. Anfang der 1880er-Jahre sah man auf Seiten des Militärs wohl die Notwendigkeit des Ausbaus dieser Verbindung zwischen den Flussufern.
„Die Herstellung einer genügend breiten Kommunikation über die Mosel ist für die Armirung und den Kriegsfall sehr wichtig, wegen der Verbindung der Stadt Coblenz und der anderen Theile der Festung mit den Wagenhäusern hinter der Kehle der Feste Kaiser Franz, dem Haupt-Güterbahnhofe des Platzes bei Lützel-Coblenz auch mit den großen Holzplätzen bei diesem Orte und der Maschinenbauanstalt von Schaubach & Graemer daselbst.“(1)
Im Zuge des Ausbaus der Moselbrücke wurde Ende März 1883 zunächst der „Traversenturm“ auf der Lützeler Seite abgebrochen,(2) danach erfolgte die Verbreiterung der Brücke „durch konsolenartige Aufsätze auf den Köpfen der Brückenpfeiler“.(3)
Das Moselbrückentor der Koblenzer Stadtmauer wurde ebenfalls umgebaut. Die zwei Kasematten rechts und links neben der Tordurchfahrt, die zuvor als Wachtstube und als Steuerbüro gedient haben, wurden zu Durchgängen umfunktioniert. Die hölzerne Zugbrücke wurde durch eine eiserne Konstruktion ersetzt, die beiden neuen Durchgänge erhielten ebenfalls eiserne Brücken, die im Armierungsfall demontiert werden konnten.(4)
Nach der Auflassung der Feste Kaiser Franz und der Stadtbefestigung 1890 kaufte die Stadt Koblenz bereits am 9. Mai die moselseitigen Befestigungsanlagen an, sieben Jahre später fiel dann das Moselbrückentor in weiten Teilen dem Abbruch zum Opfer.(5) Der untere Teil des Tores, als Torso auf alten Ansichten gut an den noch vorhandenen Schießscharten zu erkennen, wurde dagegen erst beim Umbau der alten Moselbrücke in den 1970er-Jahren beseitigt.
Matthias Kellermann
Anmerkungen
(1) Stadtarchiv Koblenz HK 11 Dzi: Dziobek, Ernst: Kriegs- und Befestigungsgeschichte von Coblenz und Ehrenbreitstein, Koblenz 1834, darin: „Festungs-Geschichte von Coblenz und Ehrenbreitstein 1834 bis 1905“, Blatt 111. Die Firma Schaubach & Graemer war am Lützeler Sicherheitshafen ansässig, wo sie neben der Maschinenfabrik auch eine Schiffswerft unterhielt. Zur Biographie des Firmengründers Max Schaubach (1841-1907) siehe hier. Welche Beziehungen die Firma zum Koblenzer Militär unterhielt wäre noch zu untersuchen. Die 1867 gegründete Werft (vgl. hier, S. 159) wurde vermutlich in den 1920er-Jahren von der Firma Gebr. Stumm übernommen (vgl. Einwohnerbuch der Stadt Koblenz, 1921/22, S. 182).
(2) Weber, Klaus T.: Die preußischen Festungsanlagen von Koblenz (1815-1834), Weimar 2003, S. 221 (Kunst- und Kulturwissenschaftliche Forschungen Band 1). Eine schöne Fotografie des Turms von Charles Marville gibt es hier.
(3) Stadtarchiv Koblenz HK 11 Dzi, Blatt 111.
(4) Vgl. ebd.
(5) Vgl. Weber, Festungsanlagen, S. 222f.
Quellen und Literatur
Einwohnerbuch der Stadt Coblenz und Umgebung : umfassend d. Stadt Coblenz mit d. Vororten Coblenz-Lützel, Coblenz-Moselweiß, Coblenz-Neuendorf und Coblenz-Wallersheim d. Gemeinden Metternich und Kesselheim, d. Bürgermeistereien Ehrenbreitstein, Vallendar, Bendorf, Höhr, Grenzhausen, Engers, Oberlahnstein, Niederlahnstein und Mayen ; mit Theaterplan, Koblenz 1921.
Jahrbuch der Schiffbautechnischen Gesellschaft, Band 9, Berlin und Heidelberg, 1908
Stadtarchiv Koblenz HK 11 Dzi: Dziobek, Ernst: Kriegs- und Befestigungsgeschichte von Coblenz und Ehrenbreitstein, Koblenz 1834
Weber, Klaus T.: Die preußischen Festungsanlagen von Koblenz (1815-1834), Weimar 2003, (Kunst- und Kulturwissenschaftliche Forschungen Band 1).
Abbildungen
Abb. 1: Sammlung M. Kellermann, unbekannte Quelle, vor 1883
Abb. 2: Sammlung M. Kellermann, unbekannte Quelle, undatiert
Abb. 3: Sammlung M. Kellermann, unbekannte Quelle, zwischen 1884 und 1897