100 Jahre Entfestigung – der 23. April 1920

Die Kategorisierung der Koblenzer Festungswerke durch die I.M.K.K.

Im April 1920 ging in Koblenz in Bezug auf die im Versailler Vertrag geforderte Entfestigung der deutschen Westgrenze plötzlich alles Schlag auf Schlag: Erst preschten die Amerikaner vor und verfügten am 9. April die Zerstörung der Festungswerke links der Mosel, dann lud am 15. der amerikanische Chefingenieur Miller die Fortifikation zu einer Beprechung ein, in der die Rahmenbedingungen für die Zerstörung der betreffenden Werke erörtert wurden, und am 17. protestierte die deutsche Heeresfriedenskommission bei der eigentlich für Entfestigungsfragen zuständigen I.M.K.K. gegen die ihrer Meinung nach zu weitreichenden Forderungen der Amerikaner. Ein bis dahin turbulenter Monat, der noch eine böse Überraschung für die Deutschen bereithalten sollte.

Hegten die Deutschen während der Monate zuvor noch die Hoffnung, dass die aufgelassenen Werke des linken Rheinufers von der Entfestigung verschont blieben, wurde diese durch ein Schreiben der I.M.K.K. vom 17. April endgültig zunichtegemacht. Mit diesem verschärfte die Kommis­sion ihre Forderungen vom 11. Februar dahingehend, „dass alle Befestigungen (deklassiert oder nicht), deren Schleifung der Vertrag vorsieht, gänzlich verschwinden müssen.“ Über den Zerstörungsgrad, der für eine Unbrauch­barmachung der Werke ausreichend war, entschied allein die I.M.K.K. Allerdings erhielten die Deutschen auch zugestanden, nach eigenem Ermessen Erhaltungsanträge für einzelne Abschnitte oder ganze Festungswerke zu stellen.(1)

Am 23. April gab die I.M.K.K. nun eine Einteilung der Koblenzer Festungswerke in drei Kategorien heraus. Die zur Kategorie 1 gehörenden Werke waren zunächst bis auf weiteres von der Zerstörung zurückgestellt, aber nicht ausgenommen. Dies betraf z. B. die Feste Kaiser Alexander und das Fort Großfürst Konstantin. Die in der zweiten Kategorie zusammengefassten Anlagen sollten unverzüglich teilzerstört werden. Betroffen waren hiervon die Feste Kaiser Franz, die Bubenheimer Flesche und die Rübenacher Schanze. Alle Festungswerke, die nicht durch die beiden Kategorien erfasst waren, fielen automatisch in Kategorie 3 und waren zur sofortigen Zerstörung freigegeben. Darunter fiel z. B. die Metternicher Schanze. Der Grad der Schleifung war sehr weitreichend gefasst: „Beibehalten werden nur die Gebäude, die den Truppen als Quartier und als Speicherkammer dienen. Alle anderen Teile werden samt und sonders geschleift. Die beibehaltenen Teile werden später vernichtet […].“(2)

Damit machte die I.M.K.K. unmissverständlich klar, dass auch die aufgelassenen Festungswerke des linken Rheinufers zu zerstören waren. Blieb nur noch die Frage offen, wann es mit der Schleifung losgehen sollte, denn der amerikanische Befehl vom 9. April war ja am 22. April wieder aufgehoben worden. Zunächst wartete die I.M.K.K. aber auf die Pläne der einzelnen Festungswerke, und wartete, und wartete…

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Schreiben der I.M.K.K. Nr. 645 vom 17.04.1920, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 4, Dokument Nr. 16/20.
(2) Schreiben der I.M.K.K. Nr. 248 vom 23.04.1920, in: ebd., Dokument Nr. 47/20 sowie Bericht des Entfestigungsamts Koblenz, in: ebd., Dokument Nr. 810/20.