Die I.M.K.K. verfügt den Beginn der Entfestigungsarbeiten
Am 13. Februar 1922 teilte die I.M.K.K. den deutschen Stellen mit, „dass unter Abänderung der früher festgesetzten Bestimmungen gewisse Rheinbefestigungen, die zuerst unter den vorläufig erhaltenen Anlagen eingereiht waren, sofort zu schleifen“ wären. Mit dieser Anordnung läutete die Kommission den Beginn des zweiten Entfestigungsabschnitts ein, der hauptsächlich den Bereich links des Rheins und rechts der Mosel betraf (Feste Kaiser Alexander, Fort Großfürst Konstantin, Schanze Großfürst Thronfolger). Für die Ausführung der Arbeiten erhielten die Deutschen sechs Monate Zeit (vom 1. März bis zum 1. September 1922).(1)
Diese Frist reichte nach Einschätzung von Oberstleutnant a. D. Eduard Hüger, dem Leiter Entfestigungsamtes Koblenz, bei weitem nicht aus. Verzögerungen ergaben sich z .B. aus der Einfuhr von Sprengmitteln in das entmilitarisierte Rheinland, die sich schon bei der Entfestigung des linken Moselufers als problematisch herausgestellt hatte. Darüber hinaus mussten noch Vorarbeiten wie die „Anlage von Transportrampen, Verlegen der Geleise und Aufstellen von Bagger und Maschine“ geleistet werden, sodass Hüger nicht vor dem 17. April mit dem Beginn der eigentlichen Abbrucharbeiten rechnete. Nach Abschluss dieser Vorbereitungen stünden damit gerade noch 115 Tage für die eigentlichen Entfestigungsmaßnahmen zur Verfügung, von denen laut Hüger „noch 10-15 Arbeitstage in Absatz gebracht wrden müssen für unvorhergesehene Fälle (Witterung, Streik pp.). An den übrig bleibenden 100 Werktagen müssten dann ca. 130.000 cbm Erde abgetragen und bewegt werden. Trotz des geplanten Maschineneinsatzes blieben immer noch „300 Arbeiter“ nötig, die sich bei den überwiegend per Hand vorgenommenen Erdarbeiten jedoch gegenseitig behindern und somit die zu erwartende Arbeitsleistung verringern würden, was weitere erhebliche Verzögerungen nach sich ziehen würde. Daher empfahl Hüger, den Fertigstellungstermin auf den 1. Dezember 1922 zu verschieben.(2)
Diesen Antrag lehnte das Auswärtige Amt, dessen Friedensabteilung auf deutscher Seite politisch für „Entwaffnung und Kontrolle“ zuständig war,(3) allerdings aus taktischen Gründen ab.
„Bei den bevorstehenden Verhandlungen […] würde unser Bestreben, die militärische Kontrolle der Alliierten in Deutschland so bald wie möglich zu beenden, nachteilig beeinflußt werden, wenn wir für die Durchführung der uns obliegenden Abrüstungsverpflichtungen längere Fristen erbitten, als die Alliierten selbst für notwendig ansehen.“
Stattdessen schlug man eine Verschiebung der Frist bis zum 1. Oktober 1922 vor und wollte später, falls dies nicht ausreichte, einen weiteren Antrag stellen.(4) Dieser Fristverlängerung stimmten die Alliierten später dann auch zu.(5)
Für das Entfestigungsamt Koblenz bedeutete die Anordnung der Entfestigungsarbeiten aber zunächst, dass die Maßnahmen nun zügig ausgeschrieben werden mussten.
Matthias Kellermann
Anmerkungen
(1) Schreiben der I.M.K.K. Nr. 7810 vom 13.02.1922, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 7, Dokument Nr. 263/22.
(2) Schreiben des Entfestigungsamts Koblenz Nr. 447/22 vom 30.03.1922, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 7, Dokument Nr. 447/22.
(3) Salewski, Michael: Entwaffnung und Militärkontrolle in Deutschland 1919-1927, München 1966, S. 67 [Schriften des Forschungsinstituts der Deutschen Gesellschaft für auswärtige Politik e.V., Band 24]).
(4) Schreiben des Auswärtigen Amts Nr. F 3188 vom 15.05.1922, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 7, Dokument Nr. 824/22.
(5) Vgl. Nachtrag zum Übergabevertrag vom 28.06.1922, in: BArch Best. R 133 Nr. 97, S. 161.