100 Jahre Entfestigung – Feste Kaiser Alexander – der 13. Januar 1922

Die amerikanische Besatzung gibt die Feste Kaiser Alexander frei

Am 12. Dezember 1918 waren erste amerikanische Truppenverbände im Zuge des Waffenstillstands vom 11. November in das von der deutschen Armee geräumte Koblenz eingerückt. Diese benötigten zunächst vor allem geeignete Unterkünfte, so dass es zu weitreichenden Einquartierungen und Requisitionen kam. Hiervon betroffen waren auch sowohl die bereits aufgegebenen Festungswerke auf der linken als auch die noch unterhaltenen Werke auf der rechten Rheinseite. So wurde auch die Feste Kaiser Alexander zunächst mit Einheiten der 3. US-Armee und nach deren Auflösung Mitte 1919 mit Soldaten der American Forces in Germany (A.F.G.) belegt. Am 13. Januar 1922, gut ein Jahr vor dem endgültigen Abzug der Amerikaner, wurde die Requirierung der Feste Kaiser Alexander wieder aufgehoben.

Abb. 1: Das Sternenbanner über dem Ehrenbreitstein, um 1920

Da sich im Vorfeld der Feste seit etwa 1909 ein Flugplatz befand, der bereits im Ersten Weltkrieg als Fliegerhorst(1) diente und nun von der Besatzung unter der Bezeichnung Coblenz Airdrome(2) weiter genutzt wurde, bot sich eine Unterbringung der Truppenteile der Luftstreitkräfte im nahe gelegenen Festungswerk an. Am 27. November 1918 bezog das Hauptquartier des Air Service, Fourth Army Corps (4. Armeekorps) unter Major H.B. Anderson(3) zusammen mit den nachfolgenden Einheiten die Feste Alexander: 91st Aero Squadron (Observation), 88th Aero Squadron (Pursuit), 462nd Aero Squadron (Construction), 2nd Photo Section, 12th Aero Squadron, 4th Photo Section.

Alle Einheiten verblieben bis zum 15. April 1919 auf der Karthause.(4) Am Morgen des 16. Aprils 1919 rückten sie mit dem Ziel Colombey-les-Belles bei Toul in Nordfrankreich aus, von wo aus sie unverzüglich die Rückreise in die Vereinigten Staaten antreten sollten.(5) Zeitgleich zog das Hauptquartier des Air Service zum Flughafen nach Sinzig um.(6)

Abb. 2: Flugfeld Karthause, um 1919

Am 19. April 1919 wurde die 5th Pursuit Group von Lay-St.-Remy bei Toul in Nordfrankreich nach Koblenz beordert, um dort Teil der American Forces in Germany zu werden. Die Gruppe bestand aus den folgenden Einheiten: 41st Pursuit Squadron, 138th Pursuit Squadron, 141th Pursuit Squadron, 638th Pursuit Squadron. Ergänzt durch den 3rd Air Park, bezogen alle Einheiten die Feste Kaiser Alexander.

The Group made itself quite at home in Fort Kaiser Alexander, which was built by Wilhelm Hohenzollern’s grandfather, and which occupies a commanding position on a high ridge between the Rhine and Moselle rivers, overlooking the city.(7)

Wann genau die Einheiten die Feste Alexander wieder verließen ist nicht bekannt.(8) Ende 1919 richtete die amerikanische Besatzung „Disciplinary Barracks“ (kurz D. B.) auf dem Gelände der Feste Alexander ein. Ob hierfür bestehende Bauten herangezogen oder eigens Gebäude errichtet wurden ist unklar. In dem Militärgefängnis konnten 200 Gefangene und 100 Wärter untergebracht werden, über die tatsächliche Belegung ist jedoch nichts bekannt. Zwei Barracken wurden zusätzlich mit modernen sanitären Anlagen eingerichtet. Das Gefängnis bestand bis Januar 1922, bevor es im Zuge der bevorstehenden Entfestigungsarbeiten und der Truppenreduzierung bzw. des -abzugs aufgelöst wurde.(9)

Am 13. Januar 1922 gaben die Amerikaner schließlich den Komplex frei,(10) woraufhin neun deutsche Familien im Reduit und sechs oder sieben weitere in den Kasernen eine vorläufige Bleibe fanden.(11) Diese Unterbringung blieb allerdings auf wenige Monate beschränkt, da die Feste Kaiser Alexander bereits im Juni 1922 mit dem französischen Infanterie-Regiment Nr. 151 belegt wurde.(12)

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Brommer, Peter, Kleber, Peter und Krümmel, Achim: Koblenz in der Rückblende. Fotografischer Streifzug durch die Jahre 1862 bis 1945, Koblenz 2004, S. 177.
(2) Vgl. Gorrell’s History of the American Expeditionary Forces Air Service, 1917-1919, Vol. I, S. 16.
(3) Vgl. Gorrell’s History, Vol. II, S. 16. Anderson verstarb am 21. Februar 1919, sein Nachfolger bis zur Verlegung nach Sinzig wurde Captain Paradise.
(4) Vgl. Gorrell’s History, Vol. I, S. 16.
(5) Gorrell’s History, Vol. II, S. 27.
(6) Vgl. Gorrell’s History, Vol. I, S. 16.
(7) Gorrell’s History, Vol. II, S. 8. Übersetzung: Die Gruppe machte es sich ziemlich gemütlich in der Feste Kaiser Alexander, welche von Wilhelm Hohenzollerns Großvater errichtet worden war, und die eine beherrschende Position auf einem Höhenzug zwischen den Flüssen Rhein und Mosel besetzt, von wo aus sie die Stadt [Koblenz] überblickt [Übersetzung M. Kellermann]. Mit Wilhelm Hohenzollern ist vermutlich Wilhelm II. gemeint. Der Erbauer wäre demnach Wilhelm I., was nicht zutreffend ist. Vielmehr war es dessen Vater Friedrich Wilhelm III. (also Wilhelms II. Urgroßvater), der den Bau der Festung Koblenz und Ehrenbreitstein initiierte.
(8) Nach dem englischen Wikipedia-Eintrag Organization of the Air Service of the American Expeditionary Force, abgerufen am 5.01.2014, wurde die Gruppe am 12. Mai 1919 bereits wieder abberufen und das Coblenz Airdrome nur bis zum 2. Juli 1919 belegt. Beides konnte allerdings in der dort angegebenen Quelle (Gorrell’s History) nicht verifiziert werden.
(9) Vgl. The Amaroc News Vol. 4, Nr. 24, 14.05.1922. Vgl. auch Record group 120: Records of the American Expeditionary Forces (World War I), 1848 – 1942: Correspondence of the Disciplinary Barracks at Feste Alexander, 10/1919 – 01/1922.
(10) Vgl. Schreiben des Hauptquartiers der amerikanischen Truppen in Deutschland Nr. 214-B vom 13.01.1922, in: BArch Best. R 133 Nr. 97, S. 109.
(11) Vgl. Schreiben des Oberbürgermeisters Nr. D.O.B. XIII/C. vom 05.05.1923, in: StAK Best. 623 Nr. 4728, Blatt 67 sowie Nachweis der auf der Feste Alexander wohnenden deutschen Familien, in: ebd., Blatt 85.
(12) Vgl. Nachtrag zum Vertrag vom 28.06.1922, in: StAK Best. 623 Nr. 7259, S. 59 und Coblenzer Zeitung Nr. 304, 17.06.1922.

Abbildungen

Abb. 1: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Fotograf, um 1920
Abb. 2: Sammlung M. Kellermann, Quelle unbekannt, um 1919