100 Jahre Entfestigung – Feste Kaiser Alexander – der 24. März 1922

Eine Ortsbegehung mit Vertretern der Stadt Koblenz

Am Samstag, den 25. März 1922 berichtete die Koblenzer Volkszeitung über die Bemühungen der Stadt Koblenz um das Gelände der Feste Kaiser Alexander. Die Stadt war, wie bei der Feste Kaiser Franz, auch hier einer unentgeltlichen Übernahme des Festungsgeländes zu Siedlungszwecken interessiert.(1) Dies war unter anderem auf den spürbaren Mangel an Wohnraum zurückzuführen, der sich durch fortwährend neue Beschlagnahmungen durch die Besatzung stetig erhöhte.(2) Zur Erörterung der geplanten Maßnahmen fand am 24. März 1922 eine Ortsbegehung „durch die städtische Verwaltung und die Stadtverordneten, sowie die Presse“ statt,(3) bei der u. a. auch Oberbürgermeister Russell, Stadtbaurat Rogg und Oberstleutnant a. D. Hüger als Vertreter des Koblenzer Entfestigungsamts anwesend waren.

Den Wünschen der Stadt nach Mehrarbeiten „über die Forderungen der I.M.K.K. hinaus“ hatte das Reichsschatzministerium bereits am 27. Februar 1922 entsprochen. Oberbürgermeister Russell hatte sich einige Tage zuvor mündlich damit einverstanden erklärt, die nötigen Arbeiten – Verteilung der Trümmer und eine ca. einen Meter hohe Bedeckung derselben mit der an den Wällen abzutragenden Erde – noch während der Entfestigungsarbeiten vornehmen zu lassen und die Aufwendungen hierfür zu übernehmen. Zusätzlich sollten Steine zur Wiederverwertung gewonnen werden, ohne den Fortgang der anderen Arbeiten zu behindern.(4)

Bei dem Ortstermin am 24. März wurden den Teilnehmern nun die bis dahin erfolgten Verhandlungen (Russell) und, anhand von Plänen und Skizzen, die auf dem Gelände geplanten Maßnahmen (Hüger und Rogg) vorgestellt. Sämtliche Gebäude im Innenraum des Forts sollten nach Möglichkeit erhalten bleiben, „soweit sich überhaupt ihre Erhaltung lohnt„. Hier könnten eine „Waldschule„, „Notwohnungen, eine Schülerherberge“ oder ähnliches entstehen. Dagegen sollten „die eigentlichen Verteidigungsbauten“ beseitigt werden. Die Reste der Wallanlagen und der Gräben sollten in einen „Grüngürtel“ umgewandelt werden, der nach Außen von Wohnhäusern umgeben wäre. Im Inneren der ehemaligen Feste sollten „später für besondere Zwecke Wohnungen mit Gärten, Spielplätze, Sportplätze“ entstehen. Die Teilnehmer waren sich jedenfalls einig, „daß die gebotene Gelegenheit benützt werden müsse, um sich den Besitz [des Geländes, Anm. des Verfassers] zu sichern“. Die erheblichen Mehrkosten für die Wiederherstellung des Geländes, die mit rund 1,25 Millionen Mark beziffert wurden, wollte die Stadt übernehmen.(5)

Im Hinblick auf die beabsichtigte Verwertung beantragte die Stadt unmittelbar darauf beim Entfestigungsamt auch den Erhalt einzelner Mauerzüge, um diese später in die geplante Anlage zu integrieren.

Wie die Anlagen Ii, II und IV zeigen, ist eine teilweise Bebauung des Geländes geplant, während der übrige Teil als öffentliche Grünanlage abgelegt werden soll. Für die Ausführung diese Planes wäre die Erhaltung der in beiliegendem Antrag und den Zeichnungen näher bezeichneten Mauerwerksteile vom praktischen, wie ästhetischen Standpunkte der Stadt sehr erwünscht.“(6)

Die auch dem früheren Erhaltungsantrag des Entfestigungsamts beigefügte Anlage II zeigt eine aufgelockerte Bauweise mit vielen Grünflächen, die sich an den Umrissen der ehemaligen Festungsanlage orientiert.(7) Die Siedlung auf der Karthause würde, so die Volkszeitung, „wegen ihrer schönen und gesunden Lage einst wohl ein begehrtes Schmuckstück der Stadt abgeben„.(8) Den Wünschen der Stadt wurde allerdings von Seiten der I.M.K.K. nicht entsprochen,(9) sodass die geplante Integration von Mauerwerksteilen schließlich fallen gelassen wurde.

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Vgl. Verhandlung zur Feste Alexander und Festung Ehrenbreitstein, Schreiben der Reichsvermögensverwaltung Nr. E/7a vom 22.09.1921, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 6, Dokument Nr. 1244/21.
(2) Vgl. Lammert, Peter: Städtebau von 1917 bis zur Gegenwart, in: Geschichte der Stadt Koblenz, Band 2: Von der französischen Stadt bis zur Gegenwart, hrsg. von der Energieversorgung Mittelrhein GmbH, Stuttgart 1993, S. 451-477, hier S. 462.
(3) Das Schicksal der Coblenzer Festungswerke, in: Koblenzer Volkszeitung (KVZ) Nr. 119, 21.03.1922, 1. Blatt, 2. S.
(4) Schreiben des Reichsschatzministeriums Nr. V 4/613/22 vom 27.02.1922, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 7, Dokument ohne Nr.
(5) Die zukünftige Gestalt der Feste Alexander, in: KVZ Nr. 126, 25.03.1922, 1. Blatt, 2./3. S.
(6) Vgl. Schreiben des Oberbürgermeisters vom 28.03.1922, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 7, Dokument Nr. 446/22.
(7) Siehe „Schleifungsplan“ zur Feste Alexander mit neun Anlagen, hier Anlage II, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 4.
(8) Die zukünftige Gestalt der Feste Alexander, in: KVZ Nr. 126, 25.03.1922, 1. Blatt, 2./3. S.
(9) Vgl. Marcos, Dieter: Festung und Denkmalpflege. Beiträge zum Umgang mit gebauter Umwelt, in: Neue Forschungen zur Festung Koblenz und Ehrenbreitstein, hrsg. von Burgen, Schlösser, Altertümer Rheinland-Pfalz und der Deutschen Gesellschaft für Festungsforschung, 2. überarbeitete Auflage, Regensburg 2005, S. 157-176, hier S. 163.