Der Tonnen-Winde-Schacht im linken Kehlpunkt

Bei Planierungsarbeiten im neuen Festungspark wurde Anfang März 2021 in der Nähe der Poterne ein verfüllter Schacht entdeckt, der sich nach Überprüfung in Quellen und alten Plänen als „Tonnen-Winde-Schacht“ herausstellte. Der unterirdische Zugang in diesen Schacht, der von dem Hohlgang zwischen Poterne und Reduit abzweigt, war ebenfalls mit Schutt angefüllt.

Abb. 1 – Abb. 2 (Slideshow)

In dem hier gezeigten Planausschnitt von 1862, der 1869 nochmal bearbeitet wurde, heißt es: „Zwischen den Magazinen 2 u. 3 ist an der mit Blei angedeuteten Stelle ein Tonnen-Winde-Schacht angelegt worden. cfr Skizze bei No. 71814.69. Am. so.“ Es kann also davon ausgegangen werden, dass der Schacht spätestens 1869 in der Nähe des Magazins 2 angelegt worden ist.(1) (Die Nummern der Magazine in Abb. 3 sind vertauscht, sodass es sich bei dem mit III bezeichneten Bauwerk eigentlich um das Magazin II handelt.)

Abb. 3: Situationsplan der linken Kehle der Feste Kaiser Franz mit nachträglich eingezeichnetem Schacht, 1862

Das Bauwerk diente dazu, das in hölzerne Tonnen verpackte Pulver ohne Umweg durch den zwischen Poterne und Reduit verlaufenden, schmalen Hohlgang in die einige Jahre zuvor errichteten unterirdischen Kriegs-Pulvermagazine II und III zu bringen. Durch diesen Zugang konnten die Pulverfässer vom Werkhof der Feste Kaiser Franz her in den genannten Hohlgang abgelassen und von hier auf kürzestem Weg in die beiden Magazine transportiert werden. Dies sparte vermutlich eine Menge Zeit bei der Einlagerung des Pulvers.

Abb. 4: Hölzerner Aufbau mit Dach über dem Tonnen-Winde-Schacht (links unterhalb der Bildmitte), 1920

Dieser Befund erklärt auch ein Detail auf den Entfestigungsbildern von Joseph Ring von 1920 (Abb. 4). Hier ist der Aufbau über dem Schacht festgehalten, der möglicherweise von den Amerikanern während der Besetzung der Feste Kaiser Franz weiter genutzt wurde. Denkbar wäre auch eine Nutzung durch die deutsche Firma (welche konnte leider bislang nicht geklärt werden), die 1920/1921 an der Entfestigung des Werks gearbeitet hat. Ob der Schacht bereits nach Abschluss der Maßnahmen verfüllt wurde, da er nach der Zerstörung der beiden Kriegs-Pulvermagazine nun keinen Zweck mehr erfüllte ist denkbar, aber nicht durch Quellen belegt.

Abb. 5: Freigeräumter Verbindungsgang zwischen Schacht (im Hintergund) und Hohlgang Poterne-Reduit, 2021

Der Schacht und auch der unterirdische Zugang wurden zunächst von Schutt befreit (Abb. 5). In einem zweiten Schritt wurde dann der ruinöse obere Schachtabschluss restauriert (Abb. 6).

Abb. 6: Gesicherter oberer Abschluss des Schachts, 2021

Zuletzt wurde die obere Öffnung des Schachts im Festungspark mit einer neuen Abdeckung verschlossen (Abb. 7). Damit ist diese in Koblenz einmalige Anlage(2) als Zeugnis des Koblenzer Festungsbaus gesichert.

Abb. 7: Neue Abdeckung auf dem Schacht, 2023

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Freundlicher Hinweis von Manfred Böckling, Untere Denkmalschutzbehörde der Stadt Koblenz.
(2) Wie vor.

Abbildungen

Abb. 1, 6: Foto Christian Ahnen, 2021, mit freundlicher Genehmigung
Abb. 2: Foto R. Arenz, 2018
Abb. 3: GStA PK, XI. HA, FPK, F Nr. 70502 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 4: Stadtarchiv Koblenz FA 4,3 Nr. 1 Bild 18, Fotograf Joseph Ring
Abb. 5: Foto Michael Karkosch, 2021, mit freundlicher Genehmigung
Abb. 7: Foto M. Kellermann, 2023