Fundstück der Woche 05/2017

Die preußischen Schanzarbeiten auf dem Petersberg, Teil I, 1792

Das Fundstück der Woche 05/2017 ist eine Passage aus den Erinnerungen des Professors Alexander Minola (1759-1829) zur französischen Zeit in Koblenz , die 1916 von Hermann Cardauns herausgegeben worden waren. Minola beschreibt darin die Befestigungsarbeiten, die die preußische Armee auf dem Petersberg in Lützel-Koblenz anlässlich ihres Rückzugs aus Frankreich durchführte.

Im Juli 1792 hatte ein ca. 50.000 Mann starkes preußisches Heer ein Feldlager bei Rübenach bezogen, um von hier die Mosel hinauf über Trier und Luxemburg gegen Frankreich in den Krieg zu ziehen. Der Ausgang dieses Feldzuges ist bekannt: Nach der berühmten Kanonade von Valmy am 20. September 1792 zog sich das Koalitionsheer zehn Tage später, gepeinigt und dezimiert durch das schlechte Wetter im Sommer 1792 und die mangelhafte Versorgungslage, aus Frankreich zurück. Aufgeschreckt durch Meldungen über die Kapitulation von Mainz am 21. Oktober und Gerüchten über einen geplanten Vorstoß französischer Truppen gegen den Rhein bei Koblenz unter General François-Christophe Kellermann (1735-1820) eilte das preußische Heer nach Koblenz zurück.

Die Vorhut unter General Ernst Wilhelm Friedrich Philipp von Rüchel (1754-1823) erreichte Ende Oktober die Stadt und begann dort, Stellungen auf der Karthause und auf dem linken Moselufer auszubauen, parallel wurde der Ehrenbreitstein armiert. Nachdem der Großteil des preußischen Heeres am 8. November ebenfalls in der Stadt angekommen war, begannen auf dem Petersberg in Lützel-Koblenz unter der Leitung des Majors Karl Christian von Lindener die Bauarbeiten für die Erdbefestigungen, die Minola in seinen Erinnerungen beschreibt. Der Brückenkopf, so Minola, den die Preußen hier anlegen wollten, ist allerdings nie in Gänze fertig gestellt worden.

„Itzt wende ich mich auf das linke Moselufer und durchgehe das, was hier die Preußen veranstalteten. Hier ward sogleich ein Brückenkopf angelegt, ein Werk, das nie ganz geendiget wurde. Ging man die Cöllnische Hauptstraße ein, so sah man hier rechter Hand da, wo die Gärten aufhören und ein Weg nach Neudorf führt, eine große Batterie, welche die Straße bestrich. Näher zu Neudorf und Wallersheim war eine kleinere, die hier die Zugänge sperrte.“

Die erste Batterie, die Minola hier beschreibt, befand sich in der Nähe der Moselbrücke; sie wird in einer anderen Quelle auch als „Neuendorfer Schanze“ bezeichnet.

„Der Hauptstraße zur Linken ligt der Petersberg, dessen Anhöhe sich da, wo der Weg von Schönbornslust mit der Landstraße zusammentrat, allgemach verliert. Hier war auf der Anhöhe eine neue Batterie, die wieder die Landstraße und eine große Strecke seitwärts deckte; weil der Berg hier sandig war, brauchte man eine große Menge Faschinen, und doch war das Ganze von keiner Dauer. Diese Verschanzung war nun die äußerste. „

Minola wendet sich nun der Befestigungskette auf dem Petersberg zu und beginnt am heutigen Volkspark. Hier legten die Preußen ein mit „Flesche“ bezeichnetes Werk an, wofür wegen des sandigen Untergrunds spezielle Befestigungsmaßnahmen (hier „Faschinen„) notwendig waren. Dies entspricht wohl den historischen Tatsachen, konnte doch während der Anlage des Volksparks in den 1930er-Jahren Sand vor Ort gewonnen werden. Später entstand an dieser Stelle die Bubenheimer Flesche.

„Von hier nach der Stadt zu ging ein verdeckter Weg zu einer Sternschanz, dem schönsten Werk der Preußen, welches bei dem vielen Kies viele Mühe kostete und wobei einige Weingärten litten; diese Schanze lag am höchsten, erreichte mit ihren Kanonen die Landstraße, die ich eben verlies, deckte eine Nebenstraß, die nicht weit vom Bobenheimer Berge von der Landstraße abgeht und naher nach Coblenz führt. Auf dieser Verschanzung standen zwei bombenfeste Blockhäuser.“

Die hier genannte Sternschanze befand sich vermutlich im Bereich der späteren Metternicher Schanze (heute B9). Das Hauptwerk der Befestigungskette ist der Vorläufer für die spätere Feste Kaiser Franz, deren Position allerdings an den östlichen Rand des Petersbergs zurückgezogen wurde und dort dann mit dem steil abfallenden Bergrücken abschloss.

„Ein anderer verdeckter Weg setzte sie in Verbindung mit einer neuen Batterie, die näher der Stadt bei der Zusammenkunft der itzt genannten Nebenstraße und der Trierischen Poststraße lag (ehedem stand hier das Coblenzer Hochgericht). Letztere war vorzüglich zur Deckung der Trierischen Straße gerichtet, alle aber unterstützten sich untereinander.“

Die von Minola hier beschriebene Position nahm später die Moselflesche ein. Was mit dem „Coblenzer Hochgericht“ gemeint ist, konnte allerdings bislang nicht ermittelt werden.

„Von dieser abwärts zog sich noch ein verdeckter Weg durch die Weingärten auf ein Blockhaus, welches hart an der Mosel, etwas unter der Eisbreche stand und die Verschanzungskette endigte. So sahen wir also vor und nach 11 Schanzen und 4 Blockhäuser sich erheben.“

Das hier genannte Blockhaus ist im Dilbecker-Plan von 1794 abgebildet. Es findet seine Entsprechung in einem Geschützturm (Kaponniere) an der späteren Moselflesche, der den Abriss des Festungswerks überdauert hat und dann während der Entfestigung nach dem Ersten Weltkrieg entfernt werden musste.

Ein weiteres Werk im Bereich des späteren Koblenzer Senders (Von-Kuhl-Straße) erwähnt Minola nicht. Diese „Andernacher Schanze“ genannte Anlage findet ihre Entsprechung in der späteren Rübenacher Schanze. Die von Minola beschriebenen Festungswerke können als mögliche Vorläufer des ab 1816 einsetzenden preußischen Festungsbaus auf und um den Petersberg angesehen werden, nehmen sie doch die späteren Positionen des Systems Feste Kaiser Franz schon vorweg.

Über den Nutzen der Befestigungen von 1792 wird noch zu berichten sein.

Matthias Kellermann

Literatur

Hermann Cardauns (Hrsg.): Die Franzosen in Coblenz 1794 bis 1797. Aufzeichnungen des Koblenzer Professors Minola, Koblenz 191, S. 23f. (Digitalisat)