Fundstück der Woche 10/2020

Feuer!, um 1917

Das Fundstück der Woche 10/2020 ist eine seltene Ansichtskarte, aufgenommen um 1917 im Innenhof des 1818/1819 errichteten Reduits der Feste Kaiser Franz. Neben einer Brandschutzübung zeigt sie auch ein Detail der Innenfassade des Gebäudes, genauer die Kasematten 7 und 8 mit zeitgenössischen Inschriften über den Stürzen.

„Gestern Abend gegen halb 11 Uhr war unsere Stadt in großer Bewegung; die Glocken kündigten wiederholt Feuer an. Am Petersberg (Feste Kaiser Franz) jenseits der Mosel, loderten die Flammen hoch zum Himmel empor und beleuchteten den ganzen längs der Mosel liegenden Theil von Koblenz.“
Am Abend jenes 7. März des Jahres 1841 war im Glacis der Feste Kaiser Franz wohl ein aus Holz bestehendes Gebäude in Flammen aufgegangen. Eine besondere Brisanz erhielt der Vorfall dadurch, dass sich der Brandherd in Reichweite des Blockhauses der Metternicher Schanze befand, das zu jener Zeit, wie die Augsburger Postzeitung berichtet, als Pulvermagazin diente. „Der Schrecken wurde um so größer, weil in der Nähe ein Pulver-Magazin lag; dahin sollte es aber nicht kommen.“ Die Aufregung ist verständlich, wie die Explosion in der Munitionsanstalt im Neuendorfer Feld gut 30 Jahre später tragisch unter Beweis stellen sollte. Der Vorfall im Glacis der Feste ging an diesem Abend im März 1841 allerdings, sieht man von dem unglücklichen Besitzer des Bauwerks einmal ab, für die Allgemeinheit glimpflich aus: „Um 11 Uhr war der Brand glücklicher Weise gelöscht, und so kamen wir ohne weitern Schaden mit dem Schrecken davon.“(1)

Dass dieses Feuer beileibe kein Einzelfall war, zeigt ein Artikel in der Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung vom 17. November 1843. Wieder brannte es auf dem Petersberg, und wieder brannte ein Holzgebäude, in diesem Fall eine Gaststätte. Die Zeitung sieht die Ursache für die augenscheinlich auch nicht seltenen vorkommenden Brände rund um die Festungswerke in den für das Gelände unmittelbar an der Feste Kaiser Franz und ihren vorgeschobenen Werken geltenden Rayonbestimmungen.
„In Folge der fortificatorischen Vorschriften ist es untersagt, außerhalb der Thore unserer Stadt innerhalb des ersten Festungsrayons neue Häuser von Stein oder Fachwerck aufzuführen und so finden sich denn in der nächsten Umgebung von Koblenz viele einstöckige Wohnungen, welche nur aus Balken und Brettern errichtet sind und grade nicht einen Zierrath der Gegend ausmachen. Es gehört nun zu den gewöhnlichen Erscheinungen, daß jeden Winter mehrere derselben in Flammen aufgehen und so sahen wir denn auch gestern wieder ein so erbautes Wirthshaus am Exercierplatze der Veste „Kaiser Franz“ bis auf den Grund abbrennen. Dasselbe war zu 650 Rthlr. in der Provinzial-Feuersocietät versichert und wird nun bald erneut wieder dastehen.“(2)

Brände in Militärgebäuden in und um Koblenz waren gar nicht so selten. So kam es z.B. am 10. Mai 1876 aus ungeklärter Ursache zu einem Brand in dem im Bau befindlichen Wagenhaus Nr. 13 in der Kehle der Feste Kaiser Franz, bei dem „das Innere, das bis auf die Dielung fertig gestellt war, vollständig ausbrannte“.(3) Ganz so dramatisch, wie der Artikel in der Coblenzer Zeitung Glauben macht, war das Ausmaß des Brandes wohl nicht. Tatsächlich handelte es sich „nur“ um das zerstörte Dachgeschoss, das noch im gleichen Jahr wiederhergestellt werden konnte. Allerdings war der entstandene finanzielle Schaden mit 200 300 Reichsmark erheblich,(4) entspräche dies doch heute einer Kaufkraft von ca. 1,28 Millionen Euro!(5)

Abb. 1: Brandschutzübung im Innenhof des Reduits der Feste Kaiser Franz, um 1917

Aus diesem Grund war für solche Fälle im Artillerie-Depot Vorsorge getroffen worden. Parallel zum Bau des besagten Wagenhauses Nr. 13 wurde 1875 auch ein Spritzenhaus errichtet,(6) dessen Lage allerdings unbekannt ist. Zur Versorgung der Spritzen mit dem nötigen Löschwasser wurden auf dem Gelände 1877 außerdem zwei Zisternen „von 50 und 220 cbm Fassungsvermögen“ gebaut, die sich „durch das von den Wagenhäusern abfließende Regenwasser“ speisten.(7)

Auch im Festungswerk selbst war anscheinend ein Spritzenwagen stationiert, wie die hier wiedergegebene seltene Fotografie einer Brandschutzübung im Innenhof des Reduits der Feste Kaiser Franz zeigt. Von Bränden auf dem Gelände und in den Gebäuden der Feste Kaiser Franz, bei denen dieser Wagen zum Einsatz gekommen wäre, liegen bislang allerdings keine Nachrichten vor.

Mit der Bedeutung der eingangs erwähnten Inschriften an der Fassade werden wir uns zu gegebener Zeit noch beschäftigen.

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Beilage der Augsburger Postzeitung nichtpolitischen Inhalts Nr. 75, 16.03.1841, Koblenz, 8. März.
(2) Frankfurter Ober-Post-Amts-Zeitung Nr. 317, 17.11.1843, S. 2691: Koblenz. 14. Nov.
(3) Coblenzer Zeitung, 12.05.1876: Coblenz, 11. Mai.
(4) MRM Ro 133, S. 178f.
(5) Vgl. Wissenschaftliche Dienste. Deutscher Bundestag. Sachstand Kaufkraftvergleiche historischer Geldbeträge, S. 5, abgerufen am 14.12.2019 unter https://www.bundestag.de/resource/blob/459032/1d7e8de03e170f59d7cea9bbf0f08e5c/wd-4-096-16-pdf-data.pdf.
(6) Vgl. MRM Ro 133, S. 173f. Im gleichen Jahr waren das Wagenhaus Nr. 7 bis auf die Grundmauern niedergebrannt und das benachbarte Wagenhaus Nr. 2 in Mitleidenschaft gezogen worden.
(7) Ebd., S. 186f.

Abbildungen

Abb. 1: Sammlung M. Kellermann, unbekannte Quelle, 1917