Fundstück der Woche 15/2020

Ein Ausflug auf die rechte Rheinseite, 1926

Für das Fundstück der Woche 15/2020 verlassen wir einmal unser gewohntes Umfeld in Lützel und begeben uns auf die rechte Rheinseite von Koblenz, genauer auf den Bereich der Pfaffendorfer Höhe, der als eigenständiger Stadtteil von Koblenz seit 1981 den Namen Asterstein trägt. Es handelt sich um eine Ansichtskarte des gleichnamigen Forts Asterstein, entstanden 1926 während der alliierten Rheinlandbesetzung. Zu dieser Zeit waren französische Soldaten auf der Pfaffendorfer Höhe stationiert.

Im Zuge der amerikanischen Truppenreduzierung im Rheinland kamen am 11. April 1922 erste französische Soldaten des 156. Infanterie-Regiments in Koblenz an und besetzten, so General Allen, auf dem rechten Rheinufer das Fort Asterstein,(1) das zuvor von den Amerikanern geräumt worden war. Untergebracht wurden die Soldaten in den Fachwerkkasernen in der Kehle des Festungswerks. Der gesamte Komplex erhielt später den Namen Caserne Jourdan nach dem Revolutionsgeneral und Oberbefehlshaber der Moselarmee bzw. später der Sambre-und Maas-Armee Jean-Baptiste Jourdan.

Abb. 1: Caserne Jourdan, nach 1922

Während die Feste Kaiser Franz zu diesem Zeitpunkt bereits entfestigt war, blieben das Fort Asterstein wie auch (fast) alle Werke der rechten Rheinseite zunächst von den Entfestigungsmaßnahmen verschont. Zum Zeitpunkt der Aufnahme unseres Fundstücks war hier im Kernwerk das Centre d’Instruction du 30. C.A., zu deutsch Ausbildungsstätte des 30. Armeekorps, untergebracht.(2) Hier wurden u. a. Offiziersschüler der Reserve und Unteroffiziere als Kompanieführer ausgebildet.(3) Analog zur benachbarten Caserne Jourdan erhielt das Fort Asterstein den Namen Fort Jourdan, wie die große Tafel rechts neben dem Tor verkündet.

Abb. 2: Zugang zum Reduit des Forts Asterstein, 1926

Am 24. Januar 1927 erging schließlich die Anordnung der Interalliierten Militär-Kontrollkommission (I.M.K.K.) zur Entfestigung von Fort Asterstein, die vom 11. Mai bis zum 30. August durchgeführt wurde. Da der französische Kommandant des Forts, Major Pascal, jegliche Arbeiten am Reduit ablehnte, wurde in diesem Abschnitt auf das Ausbrechen der Kanonenschießscharten am Gebäude verzichtet (und es unterblieb auch im letzten Entfestigungsabschnitt 1929).(4) Die Schule verließ das Kernwerk am 25. und 26. Juni 1929 im Zuge der Räumung der zweiten Besatzungszone, noch am 26. Juni gabe die französische Armee das Fort Asterstein frei.(5)

Die Frage nach der Nachnutzung der freiwerdenden militärischen Liegenschaften in Koblenz und auf der rechten Rheinseite beschäftigte die Verwaltungen beiderseits des Rheins schon seit den frühen 1920-Jahren. Für das von der Schleifung verschonte Kernwerk des Forts Asterstein hatte bereits 1920 das Koblenzer Entfestigungsamt die Einrichtung von Wohnraum vorgesehen. Anlässlich einer Ortsbegehung aller sich im Reichsbesitz befindlichen militärischen Liegenschaften am 7. und 8. Mai 1929, also noch vor der Räumung des Reduits, führte der ebenfalls anwesende preußische Konservator der Kunstdenkmäler zu den Resten des Forts Asterstein aus:
Hier wäre vom Standpunkt der Denkmalpflege lediglich auf die Erhaltung des kleinen Kernwerks Wert zu legen, einer baulich sehr interessanten Zentralanlage von eigenartigem Grundriss und architektonisch charaktervoller Haltung. Es dürfte nicht schwierig sein, im Rahmen der Grünanlagen das kleine Denkmal dauernd zu sichern.„(6)

Auch bei dem Kernwerk der Feste Kaiser Franz sollte schon 1929 der Denkmalschutz Beachtung finden, wie in den gleichen Ausführungen des Konservators der Kunstdenkmäler zu lesen steht: „insbesondere ist die Erhaltung des alten Befestigungsteiles zu empfehlen, der sich im Halbrund nach der Stadt hin öffnet.“(7)
Hätte man sich 1959 vor der Sprengung des Reduits doch nur an diese Empfehlung erinnert und auch daran gehalten!

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Henry T. Allen: Mein Rheinland-Tagebuch, 2. Auflage, Berlin 1923, S. 219.
(2) Laut einer deutschen Quelle war hier die „Kriegsschule für Reserveoffiziere des 30. Armeekorps mit Stab und Offiziersschülern“ untergebracht, „zusammen ungefähr 300 Köpfe“ (vgl. Schreiben des Präsidenten der Reichsvermögensverwaltung für die besetzten rheinischen Gebiete Nr. FR. 2. 162/2025 vom 28.06.1929, in: Bundesarchiv Best. R 133 Nr. 129, S. 208). Jürgen Klee berichtet, dass im Fort Asterstein das 19. französische Jägerregiment untergebracht war (vgl. Klee, Jürgen: Die preußische Befestigung auf der Pfaffendorfer Höhe, Fort Asterstein, in: Neue Forschungen zur Festung Koblenz und Ehrenbreitstein. Band 1. Hrsg. von Burgen, Schlösser, Altertümer Rheinland-Pfalz und der Deutschen Gesellschaft für Festungsforschung. 2., überarb. Aufl., Regensburg 2005, S. 63-88, hier S. 82).
(3) Wörtliche Übersetzungen: Unterricht für die Kandidaten zum Reserve-Offiziersanwärter und Unterricht der Unteroffiziere, Schüler Kompaniechefs. Freundlicher Hinweis und Übersetzungen von J.-N. Charon.
(4) Vgl. Schreiben des Präsidenten der Reichsvermögensverwaltung für die besetzten rheinischen Gebiete Nr. FR. 2. 162/2025 vom 28.06.1929 und Anhang, in: Bundesarchiv Best. R 133 Nr. 129, S. 208.
(5) Vgl. Kellermann, Matthias: Die preußische Festung Koblenz und Ehrenbreitstein. Zur Geschichte der rechtsrheinischen Festungswerke, 3. Auflage, Koblenz 2014, S. 150.
(6) Stadtarchiv Koblenz. Stadt Koblenz. Amt 23/Liegenschaftsamt. Fach 2 Titel 1097: Ankäufe. Anl.: 7 zur Niederschrift über die Besprechung betr. Verwertung reichseigener Liegenschaften in Koblenz und Ehrenbreitstein. Erläuterungen des Herrn Konservators der Kunstdenkmäler und Anl.: 8 Erläuterungen der Stadt Koblenz zu der Niederschrift über die Besprechung betreffend der Verwertung der reichseigenen Liegenschaften (Kopien, Originalakte nicht mehr auffindbar), S. 7.
(7) Ebd., S. 4.

Abbildungen

Abb. 1: Sammlung M. Kellermann, Quelle unbekannt, Ansichtskarte, geschrieben am 13. August 1924
Abb. 2: Sammlung M. Kellermann, Quelle unbekannt, Ansichtskarte, geschrieben am 11. August 1926