Ein Stück Lützeler Mauer, 1925
Das Fundstück der Woche 17/2024 ist eine Fotografie von 1925 des Koblenzer Fotoateliers Lindstedt & Zimmermann. Zu sehen ist eine Übung der Feuerwehr Koblenz unterhalb der Eisenbahnbrücke auf der Lützeler Moselseite. Auf der Mauer in der linken Bildmitte sitzen und liegen Schaulustige, die das Treiben auf der Hospitalwiese(1) aus sicherer Entfernung beobachten. Bei der besagten Mauer handelt es sich um einen kurzen Abschnitt der Lützeler Ortsumschließung am Moselufer, gut zu erkennen an den oberhalb zu sehenden Infanterieschießscharten. Dies war der Abschluss des Mauerzugs, der heute noch in der Deichstraße in Lützel erhalten ist.
Lindstedt und Zimmermann haben die Feuerwehrübung, die vermutlich an der gesamten Moseleisenbahnbrücke stattgefunden hat, fotografisch begleitet.(2) Zu sehen sind hier im Bild die Leiterersteigung der Brücke sowie die Bergung eines bzw. mehrerer von der Eisenbahnbrücke gestürzten Waggons. Dass diese Szenarien nicht abwegig waren, zeigt eine Fotografie aus Vallendar, wo es 1913 zu einem Zugunfall auf der höhergelegenen Ortsdurchfahrt gekommen war.
Die Kehle der Feste Kaiser Franz war inklusive der Gleisanlagen von 1864 bis 1866 von einer ca. drei Meter hohen krenelierten Mauer umschlossen worden. Der Bau war notwendig geworden, um die durch den Eisenbahnbau stark eingeschränkte Wirksamkeit der Kehlkaponniere der Feste Kaiser Franz auszugleichen. Zugleich galt es, das in der Kehle des Werks gelagerte Material gegen Feindzugriff zu sichern (siehe auch das Fundstück der Woche 24/2017). Heute sind von der Mauer nur noch Reste vorhanden, hauptsächlich in der Deichstraße in Lützel.
Der Deich ist auch der Grund, dass sich dieser Bereich am Moselufer heute ganz anders präsentiert. Nur wenig später wurde hier im Zuge von Notstandsarbeiten zum Schutz vor Hochwasser ein Deich errichtet, der 1927 zusammen mit einem Pumpwerk fertiggestellt wurde.(3) Dieser Umgestaltung fiel auch die auf der Fotografie von Lindstedt und Zimmermann zu sehende krenelierte Mauer zum Opfer. Sehr schön im Detail zu sehen ist im Bild auch der ursprüngliche Zustand der Moseleisenbahnbrücke auf der Lützeler Seite vor dem Umbau. Doch das ist eine andere Geschichte.
Matthias Kellermann
Anmerkungen
(1) Siehe Bezeichnung in: GStA PK, PK, XI. HA, FPK, E 70227, „Karthographische Aufnahme der Festung Koblenz nebst Umgebung; Autographie und Farbdruck des Königlichen Ingenieur-Komitees“ (Tableau von Koblenz), Sektion A II, um 1887. Im sogenannten Dilbecker-Plan von 1794 (StAK K Nr. 279) wird der Bereich „die obere Weijden“ genannt, während bei Fritz Michel das Flurstück „auf der Eisbreche“ heißt und auf einen Wingert von 1750 zurückgeht (Vgl. Michel, Fritz: Die Flurnamen von Coblenz, Moselweis, Lützel-Coblenz und Neuendorf, in: Trierisches Archiv, Heft XXII/XXIII, 1914, S. 1-51, hier S. 39).
(2) Es existieren weitere Aufnahmen, die auch eine Übung auf der Koblenzer Seite zeigen.
(3) Vgl. Kallenbach, Reinhard: Koblenzer Geschichte neu erzählt, 2. überarbeitete Auflage, Koblenz 2015, S. 263.
Abbildungen
Abb. 1: Sammlung A. Bode-Kessler, Foto Lindstedt und Zimmermann, Koblenz, 1925
Abb. 2: Sammlung A. Bode-Kessler, unbekannter Fotograf, 1913
Abb. 3: Foto M. Kellermann, 2019