Fundstück der Woche 29/2017

Das Niederrheinische Füsilier-Regiment Nr. 39 in Koblenz, 1860

Die Fundstücke der Woche 29/2017 sind einige kurze Passagen aus der „Geschichte des Niederrheinischen Füsilier-Regiments Nr. 39“ von Wilhelm Rintelen. Das II. Bataillon des Regiments war von 1860 bis 1866 im System Feste Franz untergebracht.

Das zweite Bataillon des 39. Infanterie-Regiments war Anfang 1860 nach Kreuznach in Marsch gesetzt worden, wo allerdings keine ausreichende Infrastruktur für einen geordneten Militärdienst vorhanden war. Daher wurde das Bataillon im Mai 1860 nach Koblenz verlegt.

„Das II. Bataillon verließ in einer Stärke von 12 Offizieren, 530 Mann seine Kantonnements bereits am 21. Mai, um sich über Bubenheim und Münster am Stein, Ober-Wesel und Boppard nach Coblenz zu begeben, wo es am 24. Mai eintraf. Hier bezog die 5. Kompagnie die Neuendorfer Flesche, Fortkommandant Lieutnant Stotten II.; die 6. und 7. Kompagnie die Feste Kaiser Franz, Fortkommandant Lieutnant Mudrack; die 8. Kompagnie die Laubenheimer [Bubenheimer, Anm. d. Verf.] Flesche, Fortkommandant Lieutnant v. Windisch.“(1)

Mit Allerhöchster Kabinetts-Order vom 4. Juli 1860 erfolgte die Umbenennung der Einheit in Niederrheinisches Füsilier-Regiment Nr. 39.(2)

Am 2. Januar 1861 folgte der damalige Regent Prinz Wilhelm von Preußen seinem verstorbenen Bruder Friedrich Wilhelm IV. auf dem preußischen Thron. Die Vereidigung des II. Bataillons auf den neuen König fand im September 1861 an der Feste Kaiser Franz statt.

„In Coblenz wurden die Truppenteile regiments- bzw. bataillonsweise in den einzelnen Revieren vereidigt. Das II. Bataillon stand zu diesem Zwecke am 2. September 4 Uhr nachmittags auf der Place d’armes der Feste Franz.“(3)

Am 1. Oktober 1861 verließen die Bataillone I und III ihre bisherige Garnison Mainz in Richtung Koblenz,(4) sodass die drei Bataillone des Regiments nun an einem Standort zusammengeführt wurden. Die Neuankömmlinge bezogen ihre Kasernen in der Feste Ehrenbreitstein.

„Während das I. und II. [gemeint ist das III., Anm. d. Verf.] Bataillon beim Eintreffen in Coblenz […] den Ober-Ehrenbreitstein bezogen, verblieb das II. Bataillon in den bisherigen Quartieren der Feste Kaiser Franz. Die Unterbringung war allenthalben gut. Die Besatzung des Ober-Ehrenbreitstein hatte aus den Wohnräumen der Kasernen, insbesondere von den gegen abfallenden felsigen Berghang durch Mauern abgegrenzten Kasernenplätzen eine entzückende Aussicht auf die Stadt Coblenz; die Täler des Rheins und der Mosel boten weithin dem Auge ihre fesselnden Naturreize dar, die ihren Eindruck auf die Mannschaft nicht verfehlten. An manchem Sommerabend fand man auf dem sogenannten Schloßplatze, dem größten freien Platze vor der hohen Ostfront, der nach der Rheinseite mit einem großen Brunnen und davor ausgebautem Balkon abschloß, Soldatengruppen bei fröhlichem Liede vereint. Die Angehörigen des II. Bataillons auf der Feste Kaiser Franz mußten zwar diese Reize entbehren, waren dafür aber durch die bequeme Verbindung mit der Stadt Coblenz und dem großen, am linken Rhein-Ufer gelegenen Exerzier- und Übungsplatz auf dem Plateau der Karthause begünstigt. Auch waren die Kompagnien durch ihre selbständige Kasernierung in mancher Weise bevorzugt.“

Der Standort Koblenz hatte allerdings noch mehr Vorzüge.

„Für die Ausbildung des Regiments war die Unterbringung aller seiner Teile eine recht vorteilhafte. Die Kasernen waren allenthalben mit geräumigen, nahe gelegenen Exerzier- und Turnplätzen versehen; auch befanden sich Schießstände zu Ziel- und Schießübungen auf den näheren Entfernungen in den Festungsgräben der einzelnen Werke, auf dem oberen Ehrenbreitstein längs der Bergabhänge in sicherer Weise angelegt. Die unmittelbar an die Kasernen angrenzenden Befestigungsanlagen, Glacis, Baumalleen, Gebüsche u. dgl. begünstigten in hohem Maße die Ausbildung im Schützendienst sowohl des einzelnen wie auch kleinerer Abteilungen. Diese Ausbildungszweige des kleinen Felddienstes wurden weiterhin durch das allenthalben in der Nähe der Kasernen vorhandene natürliche Gelände mit seinem vielfachen Wechsel der Gestaltung sehr begünstigt.“(6)

Am 22. und 23. Mai 1866 verließ das Regiment Koblenz, um am Deutschen Krieg teilzunehmen. Es kehrte nach Beendigung des Konflikts nicht mehr nach Koblenz zurück.(6) Der Fortkommandant der Feste Kaiser Franz Leutnant Franz Mudrack, der im Deutsch-Französischen Krieg als Hauptmann die 7. Kompagnie anführte, starb am 6. August 1870 in der Schlacht von Spichern.(7)

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Rintelen, Wilhelm: Geschichte des Niederrheinischen Füsilier-Regiments Nr. 39 während der ersten fünfundsiebenzig Jahre seines Bestehens 1818 bis 1893, Berlin 1893, S. 145f.
(2) Ebd., S. 147f.
(3) Ebd., S. 152. Mit Place d’armes könnte zum einen der Innenraum der Feste Kaiser Franz gemeint sein, zum anderen aber auch der Exerzierplatz zwischen Metternicher Schanze – Feste Kaiser Franz – Bubenheimer Flesche.
(4) Ebd., S. 156.
(5) Ebd., S. 160f.
(6) Ebd., S. 171.
(7) Vgl. „Monument du capitaine Franz MUDRACK„, hier abgerufen am 20.06.2017 (Seite ist leider nicht mehr erreichbar, Stand 09.05.2021). Eine Abbildung des Grablams findet sich hier.