Fundstück der Woche 34/2017

Ein Zeitzeuge, 9. August 2008

Bei unserer regulären Führung am 9. August 2008 berichtete ein uns namentlich leider unbekannter Teilnehmer wortgewaltig von seinen Erinnerungen rund um die Feste Kaiser Franz, auf der er 1924 in Haus Nr. 4 geboren worden war. Seine Schilderungen aus der Zeit vor und während des Zweiten Weltkrieges stehen hier stellvertretend für die vielen anderen Zeitzeugen, die uns bei unseren Rundgängen in den vergangenen 20 Jahren vom Leben in und von ihren persönlichen Erfahrungen mit der Feste Kaiser Franz berichtet haben.

So erzählte uns der alte Herr, dass die Fa. Ernst Mangner aus Bendorf-Sayn von 1938 bis 1940 eine Champignonzucht in den Kasematten des Kernwerks betrieb, bevor die Wehrmacht die Gebäude 1940 in Beschlag nahm und kurz darauf im Kehlturm französische Beutegewehre aus dem Frankreichfeldzug einlagerte. Auf dem ersten bzw. zweiten Kasemattenblock stand oberhalb des alten Reduiteingangs später eine der Flaks zum Schutz des Lützeler Güterbahnhofs. Die Flakbesatzung wohnte in den letzten heute noch erhaltenen Kasematten darunter. Die massiven Risse, die das Gebäude heute durchziehen, waren in seiner Erinnerung 1940 noch nicht vorhanden. Auch zu dem verheerenden Bombentreffer am 28. Dezember 1944 in die Kommunikation zwischen der Feste Kaiser
Franz und der Moselflesche konnte er berichten, dass sich sein Bruder an der Bergung der Leichen und Verwundeten beteiligt hatte.

Bei einem seiner letzten Aufenthalte an der Feste Kaiser Franz hatte er 1944 am Reduiteingang gestanden und von dort beobachtet, wie die Bomben auf die Stadt Koblenz fielen. Seit dem Kriegsende 1945 hatte er die Anlage nicht mehr betreten und war daher einigermaßen geschockt über den heutigen Zustand, da er sich an das Kernwerk noch in seiner unzerstörten Form erinnerte. Der alte Mann verließ die Führung noch vor dem Ende, in meiner Erinnerung sichtlich bewegt. Er hatte genug gesehen und erzählt.

Matthias Kellermann