Fundstück der Woche 45/2021

Kriegsgeld, 1918

Das Fundstück der Woche 45/2021 ist eine Münze aus dem Jahr 1918, geprägt in Koblenz. Sie ruft leidige Zeiten ins Gedächtnis zurück, an die am 11. November mit dem 103. Jahrestag des Waffenstillstands gedacht wird. Sie erinnert daher an das Ende des Ersten Weltkrieges.

Abb. 1: 25 Pfennige, 1918, Koblenz

Notgeld entsteht immer in den Zeiten der Not. Mit dem Aufkommen der Nationalstaaten wurden die Regierungen allein für das Herausgeben von Geld zuständig. Auch in Deutschland, mit der Währungsreform unter Wilhelm I. und vor allem seinem Kanzler Otto von Bismarck, gab es im Deutschen Reich nur noch ein Währungssystem: Die Goldmark wurde per Gesetz vom 4. Dezember 1871 als gemeinsame Währung für das ganze Reich festgelegt und mit dem Münzgesetz vom 9. Juli 1873 in den Ländern eingeführt. Am 1. Januar 1876 löste sie endgültig die früheren Landeswährungen ab. Taler, Kreuzer oder Groschen waren damit Geschichte geworden.

Abb. 2: 10 Pfennig der Goldmark

Aber mit dem Ersten Weltkrieg tauchte in Deutschland ein ernsthafter Ressourcenmangel auf. Für die Mark hieß dies zunächst die Aufhebung der Deckung mit Goldreserven. Sie verlor dadurch an Wert, und aus der Goldmark wurde eine Papiermark. Dazu kam eine starke Inflation. Bis zum Ende des Krieges hatte die Mark bereits die Hälfte ihres Werts verloren. Dies führte zu Engpässen im Warentausch, sodass, um den Handel aufrecht zu erhalten, die Gemeinden anfingen, selbst Geld zu prägen. Da diese aber kein Recht dazu hatten, wurden diese Münzen als „Notgeld“ oder „Kriegsgeld“ bezeichnet. Sie dienten ausschließlich dem Warenaustausch in einem kleineren Umkreis.

Allerdings war nicht nur Deutschland vom Krieg erschöpft. Auch in Frankreich tauchten nach dem Konflikt Notmünzen in verschiedenen Städten auf, wie das folgende Beispiel aus der Normandie zeigt.

Abb. 3: Notgeld aus der Stadt Rouen, Frankreich, 1920

Aber die schlimmste Situation herrschte nach wie vor in Deutschland. Im Januar 1920 war der Wert der Mark gegenüber dem US-Dollar nur noch ein Zehntel des Wertes vom August 1914. Im Oktober 1921 war es ein Hundertstel und ein Jahr später sogar ein Tausendstel.

Bei der Entfestigung der Feste Kaiser Franz 1920/1921 war der fortschreitende Währungsverfall noch kein Thema. Dies änderte sich bereits im Laufe des Jahres 1922 bei der Feste Kaiser Alexander auf der Karthause. Um dem zunehmenden Währungsverfall entgegen zu wirken, hatte man die Kontrakte der ausführenden Firmen „in gleitender Form abgefasst, d. h. die Einheitspreise waren auf Grund der Tariflöhne aufgestellt und mussten auch bei eintretender Erhöhung der letzteren geändert werden“. Fand diese Änderung zunächst vierwöchig statt, so wurde sie gegen Ende der Arbeiten sogar jede Woche durchgeführt.[1]

Die Reparationsforderungen des Versailler Vertrags konnte die Weimarer Republik nicht aufbringen. Die Franzosen wollten das aber nicht hinnehmen und marschierten ab den 11. Januar 1923 in das Ruhrgebiet ein, um selbst insbesondere Stahl und Kohle als Reparationsmittel auszuführen. Vom 13. Januar ab riefen die Deutschen zum passiven Widerstand durch einen Generalstreik auf. Während dieses Konflikts, der bis zum 26. September andauerte, wurden trotzdem Löhne an die zwei Millionen Arbeiter in einer Höhe von 40 Millionen Mark pro Tag gezahlt. Dies führte zu einer Hyperinflation: Das viele nicht gestützte Geld verlor immer mehr an Wert.

Abb. 4: 50 Milliarden Mark Schein, Stadt Kreuznach, 15. Oktober 1923

Wie konnte die Bevölkerung eine solche Zeit überwinden? Immerhin muss man immer noch Essen besorgen und auch bei reduziertem Angebot muss man Waren kaufen können! Es war die größte Zeit des Notgeldes, das in vielen Formen und Variationen, teilweise sehr künstlerisch, pro Kreis, Stadt oder sogar Vorort herausgegeben worden sind.

Abb. 5: Notgeld aus Koblenz, Stadtteil Neuendorf, 1923
Abb. 6: Notgeld aus der Stadt Koblenz, 1921-1923

Der Zustand änderte sich erst nach der Aufgabe des Ruhrkampfes im September, mit der Einrichtung einer „Deutschen Rentenbank“ am 15. Oktober 1923 und der Einführung der „Rentenmark“. Dieses Zahlungsmittel wurde mit dem Wert von Immobilien gedeckt und nur in entsprechender Höhe ausgegeben. Hypotheken wurden zwangsweise auf verschiedene Objekte der Land- und Industriewirtschaft belegt, um so die neue gegründete Rentenbank zu versorgen. Dies verlieh der Rentenmark eine gewisse Stabilität. Sie wurde parallel zu der Papiermark herausgegeben zu einem Wert von 1:1 Billion. Da sie kein offizielles Zahlungsmittel war, gab es keinen Zwang, diese anzunehmen: es war ein staatlich organisiertes Notgeld.

Abb. 7: Zwei Rentenpfennige, 1923

Mit der Einführung der Reichsmark am 30. August 1924 mit einem Tauschwert von 1:1 zu der Rentenmark verschwand diese nach und nach. Deutschland erhielt für eine Weile eine stabile Währung.

Abb. 8: Eine Rentenmark, 1923

Jean-Noël Charon

Anmerkungen

(1) Wagner, F.: Die Schleifung der Festung Koblenz – Ehrenbreitstein nach dem Weltkrieg, in: Koblenzer Heimatblatt, 8. Jahrgang, Nr. 10, 1931 (Online-Ausgabe bei Dilibri)

Abbildungen

Alle Abbildungen aus der Sammlung Jean-Noël Charon, Fotos vom Autor selbst