Fundstück der Woche 51/2017

Die Flora an der Moselflesche, 1857

Das Fundstück der Woche 51/2017 ist die Flora der Rheinprovinz von Dr. Wirtgen. Zwei der darin aufgenommenen Pflanzen kamen im Glacis der Moselflesche vor: Die Kugeldistel (sog. drüsenblättrige Kugeldistel, „unbeständig„) und die Blütenesche (sog. Manna-Esche, „sehr gut gedeihend„).(1)

Neben den von Menschenhand geschaffenen Anpflanzungen siedelten sich auf den in Friedenszeiten sich selbst überlassenen Festungsgeländen auch seltene Pflanzen an, was sich im 19. Jahrhundert in diversen botanischen Abhandlungen niederschlug. Besonders das Gelände der Moselflesche findet in den Schriften verstärkt Erwähnung. So berichtete Döll schon 1843 über das schwarze Wollkraut, das „bei Coblenz an der Moselflesche auf dem Excerzierplatze“ gedeiht,(2) oder zuletzt 1869 Dr. Andrä über den ebenfalls von Wirtgen nachgewiesenen Scharfen Mauerpfeffer (Sedum aureum).(3)

Schon Christian von Stramberg beschrieb Mitte des 19. Jahrhunderts den üppigen Baum- und Pflanzenbestand an der Feste Kaiser Franz und an der Moselflesche: „Gelegen unter dem Glacis des Petersberges oder des Forts Franz, das unter seinen dichten Baumpflanzungen begraben, von der Mosel durch die nicht minder üppigen Pflanzungen um die Moselflesche geschieden,[…]“.(4) Das Gelände rings um die Festungswerke wurde absichtlich bepflanzt, zum einen, um es in Friedenszeiten den Blicken neugieriger Beobachter zu entziehen, zum anderen, um im Angriffsfall das Holz zu Belagerungsarbeiten verwenden zu können. Einen weiteren Effekt hatten die Wurzeln der entfernten Bäume und des Buschwerks noch: Sie erschwerten dem Angreifer Schanzarbeiten vor den Festungsmauern.(5) Neben den bei Wirtgen erwähnten Eschen waren dies auch die ebenfalls schnell wachsenden Akazien oder, wie im Fall der Feste Kaiser Franz, die verwandten Robinien.(6) Letztere sind z.B. teilweise auf den Entfestigungsbildern aus den 1920er-Jahren zu sehen und wachsen auch heute noch auf dem Gelände.

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Wirtgen, Philipp: Flora der preussischen Rheinprovinz und der zunächst angränzenden Gegenden. Ein Taschenbuch zur Bestimmung der vorkommenden Gefässpflanzen, Bonn 1857, S. 263 und S. 293
(2) Döll, Johann Christof: Rheinische Flora. Beschreibung der wildwachsenden und cultivirten Pflanzen des Rheingebietes vom Bodensee bis zur Mosel und Lahn, mit besonderer Berücksichtigung des Grossherzogthums Baden, Frankfurt am Main 1843, S. 324
(3) Decheniana. Verhandlungen des Naturhistorischen Vereins der preussischen Rheinlande und Westphalens, herausgegeben von Dr. C. J. Andrä, Bände 26-27, Bonn 1869, S. 75
(4) Stramberg, Christian von: Rheinischer Antiquarius, Mittelrhein, 1. Abteilung 4. Band: Coblenz die Stadt, Koblenz 1856, S. 804 (Maria-Hilf)
(5) Siehe auch Weber, Klaus T.: Rayon – eine Kunstlandschaft. Ein Beitrag zum Vorgelände neuzeitlicher Festungen, in: Leben in und mit Festungen, Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Festungsforschung, Redaktion: Klaus T. Weber, Regensburg 2010, S. 126-138 (Festungsforschung Band 2), hier S. 134f.
(3) Vgl. Jordan, Klaus: Grün in Festungen. Eine Literaturrecherche 1527 bis 1914, in: Leben in und mit Festungen, Herausgegeben von der Deutschen Gesellschaft für Festungsforschung, Redaktion: Klaus T. Weber, Regensburg 2010, S. 99-125, (Festungsforschung Band 2) hier S. 119.