Louis Lazare Hoche

Heute vermisst man auf dem Gelände der Feste Kaiser Franz die Spuren des größten Generals der Französischen Republik, der über ein Jahrhundert dort geruht hat. Nach seinem Tod in Wetzlar 1797 wurde Louis Lazare Hoche, Oberbefehlshaber der „Armée d’Allemagne“, nach Koblenz gebracht und innerhalb des Forts Marceau begraben, neben seinem jüngeren Kollegen François Séverin Desgraviers-Marceau, bevor dieser in einer für ihn errichteten Pyramide neu bestattet wurde.

General Hoche musste länger warten. Erst 1919 findet die „Translation der Aschen“(1) nach Weißenthurm in die Gruft unter dem Obelisken statt, wo er heute noch ruht.

Abb. 1: Der Obelisk über dem Grabmal von Hoche in Weißenthurm, 2017

Louis Lazare Hoche wird am 24. Juni 1768 in Versailles geboren. Sein Vater ist ein ehemaliger Soldat und Hundehüter in den Ställen des Königs. Als Hoche vier Jahre alt ist, stirbt seine Mutter, worauf er der Obhut einer Pflegemutter übergeben wird, sodass er die Knabenschule des Klosters von Saint-Germain-en-Laye besuchen und sich eine gewisse Bildung aneignen kann. Mit 15 Jahren kommt er zu seinem Vater zurück und arbeitet mit ihm bei den königlichen Ställen, wohnt aber in dieser Zeit bei seiner Tante Marie-Louise Mélière, die sich um ihn kümmert. Mit 16 verpflichtet er sich in die königliche Armee, will in die Kolonien, wird aber zu dem Regiment der „Gardes Françaises“ nach Paris geschickt, dem er ab dem 19. Oktober 1784 angehört.

Abb. 2: Louis-Lazare Hoche, anonym, Gravüre, um 1840

Stets von martialischem Auftreten und Disziplin geprägt, wird er schnell zum Grenadier und darf auch Rekruten ausbilden. Nicht destotrotz setzt er stark auf die Kameradschaft und ist allgemein beliebt. Ungerechtigkeit kann er nicht ertragen und setzt sich daher ein, um diese zu bekämpfen. Dies führt sogar zu einem Duell in Montmartre am 28. Dezember 1788, das er zwar gewinnt, wovon er jedoch eine auffällige Narbe im Gesicht zurückbehält. Er fühlt sich aber gleichzeitig weiterhin ungebildet. Nun, Bücher kosten Geld, daher führt er Arbeiten für die Bevölkerung durch, so oft wie es ihm gelingt, näht sogar Lagermützen, die er im Café Guisineur verkauft, um sich die nötigen Mittel zu verschaffen.

Abb. 3: Hoche verkauft Nähzeug im Café, Emile Boutigny, 1899

Trotz aller seiner Fähigkeiten kann Hoche jedoch nicht auf eine militärische Karriere hoffen. Die Offizierslaufbahn ist dem Adel vorbehalten. Nach fünf Jahren Dienst wird er erst im Juni 1789 zum Korporal befördert, aber das Aufkommen der Französischen Revolution ändert die Lage. Am 14. Juli 1789 hat er Wache in seiner Kaserne und hält den Mob fern, sodass er daher nicht der Erstürmung der Bastille dabei ist. Kurz darauf jedoch werden die Gardes Françaises aufgelöst und der Nationalgarde zugefügt. Unter dem Befehl des Generals Lafayette wird er endlich zum Sergeant ernannt. Bei dem Marsch auf Versailles am 6. Oktober, bei dem die Frauen das Königspaar zurück nach Paris holt, gehört er zu den Soldaten, die die königliche Familie schützen. Es folgt eine Verwaltungsaufgabe bei dem Krankenhaus seiner Truppe, wo er Erfahrungen in diesem Bereich sammeln kann, dann erneut eine Umformierung seiner Einheit: Jetzt gehört er als Adjutant-Unteroffizier zum 104. Infanterieregiment.

Die Kriegserklärung an den „König von Böhmen und Mähren“, den Habsburger Kaiser Franz II., am 20. April 1792 ändert erneut die Situation. Bei einer Parade auf dem Champs de Mars in Paris wenige Tage später wird er vom Kriegsminister Servan bemerkt, zum Leutnant befördert und für die Verteidigung von Thionville zum General Wimpffen entsendet. Während der Belagerung, die sie erfolgreich überstehen, wird er zum Hauptmann ernannt.

Nach dem französischen Sieg in Valmy am 20. September 1792 ziehen sich die Preußen und ihre Verbündeten aus Frankreich zurück. Aber der Krieg verlagert sich nach Belgien, wo jetzt die Franzosen einfallen. Hoche wird dort dem General Le Veneur unterstellt, der sogar sein Mentor wird. Zusammen kämpfen sie in Namur, Lüttich, Maastricht, Neervinden und Leuven. Im Anschluss ziehen sie sich nach Nordfrankreich zurück. Inzwischen ist Hoche Bataillonschef und Generaladjutant geworden (Major und Stabsoffizier).

In dieser Funktion schickt ihn Le Veneur nach Paris, um den Konvent über die Stimmung der Truppe nach dem Verrat des Oberbefehlshaber Dumouriez zu informieren, da dieser am 1. April 1793 zu den Österreichern übergelaufen ist. Während seiner Freizeit entwickelt er bereits eine Denkschrift, wie eine neue Kriegsführung aussehen könnte. Eine Verhaftung von Le Veneur als ehemaligem Adligen führt zu Widerstand bei Hoche, worauf er verhaftet wird. Er vervollständigt sein Memoire und schickt es der Regierung zu. Dem Wohlfahrtausschuss vorgelegt, erweckt dieses Schreiben großes Interesse bei Carnot, aber auch Missgunst bei Robespierre und Saint-Just. Hoche wird dennoch aus der Haft freigelassen.

Abb. 4: Zeitgenössische Karte der Belagerung Dünkirchens, an VI (1797/1798)

Sogleich erhält er eine neue Anstellung, als Adjutant des Generals Souham in Dünkirchen, die von den Hannoveranern und Engländern belagert wird. Hoche stellt die Disziplin bei den französischen Truppen wieder her und schafft es, eine erfolgreiche Verteidigung zu organisieren, die bis zum Entsatz der Stadt in der Schlacht von Hondschoote am 8. September 1793 durchhalten wird. Sein Erfolg bringt ihm auch den Karrieresprung.

Als Divisionsgeneral übernimmt er den Oberbefehl über die Moselarmee am 22. Oktober 1793. Sofort organisiert er die Armee um und führt diese jetzt schlagkräftige Truppe in die Pfalz um Landau zu befreien. Die Schlacht von Kaiserslautern, die vom 28. bis zum 30. November dauert, kann er jedoch nicht gewinnen und muss sich zurückziehen. Sein neuer Plan ist ins Elsass einzufallen, die Linien von Weißenburg zu erobern und von dort auf Landau zu marschieren. Hierfür erhält er den zusätzlichen Befehl über die Rheinarmee, was ihm den Ärger des bisherigen kommandierenden Generals Pichegru und seines Gönners Saint-Just einbringt. Diesmal ist es ein voller Erfolg: Der Sieg am 26. Dezember 1793 bringt zu dem Entsatz von Landau auch die Eroberung der gesamten Pfalz. Während der Winterruhe lagert er in der Nähe von Thionville und heiratet dort am 11. März 1794 die junge Adélaïde Déchaux. Aus dieser Ehe wird eine Tochter geboren, Jenny, von der die heutigen Nachkommen von Hoche abstammen. Jedoch muss er schon bald wieder zu der Armee zurückkehren, als Oberbefehlshaber der Italienarmee verlässt er Thionville am 18. März 1794.

Abb. 5: „Les Adieux de Hoche“, anonym, XIX. Jahrhundert

Dies ist jedoch eine Falle von Saint-Just. Kaum angekommen wird er verhaftet und nach Paris zurückgebracht. In der Zeit des Terrors bleibt Hoche im Gefängnis und wird erst nach dem Putsch vom 9. Thermidor (27. Juli 1794) wieder befreit. Sein Glück ist, nicht unter der Guillotine gelandet zu sein.

Am 5. August 1794 wird er jetzt zum Oberbefehlshaber der Armee der Küsten von Cherbourg in der Normandie ernannt, um die dortigen Aufstände zu bändigen. Sein Erfolg bei der Wiederherstellung der Disziplin und der Ordnung führt zu der Übernahme einer zweiten Armee, diejenige der Küsten von Brest. Da die Regierung parallel mit dem Aufständischen verhandelt, kommt es am 17. Februar zu einem brüchigen Frieden. Nach der Wiederaufnahme der Unruhen im Mai 1795 ist Hoche schnell wieder aktiv.

Die größte Operation der Gegenrevolution ist dabei die Landung von 8 000 Emigranten am 26. Juni 1795 bei Carnac in der Bretagne, die von den Engländern mit viel Material dorthin transportiert werden und die sich mit etwa 3 000 Aufständischen vereinigen. Es gelingt Hoche jedoch, diese Streitmacht zunächst auf der Halbinsel Quiberon einzukesseln und schließlich diese einzunehmen. Es ist einer der wichtigsten Siege von Hoche im Dienste der Republik.

Abb. 6: Statue von Hoche in Quiberon, 2017

Jetzt erhält Hoche den Oberbefehl über eine dritte Armee. Alle drei zusammen werden Armee der Küsten des Ozeans genannt. Mit etwa 150 000 Mann ist sie die größte Streitmacht, die ein General der Französischen Revolution je befehligt hat. Mit dieser Armee schafft Hoche den Westen zu entwaffnen und die Anführer zu ergreifen. Hoche hat eine unmögliche Aufgabe erfüllt: Er ist der Befrieder des Westens geworden.

Hoche will jetzt das Übel auf eigenem Terrain bekämpfen. Allerdings soll keine direkte Landung in England erfolgen, außer für eine kleinere Halsabschneider-Truppe. Stattdessen bereitet er eher eine Expedition nach Irland. Die Iren wollen schon lange das englische Joch abschütteln und eine Vereinigung mit der Französischen Republik wäre eine willkommene Gelegenheit. Während der sechsmonatigen Vorbereitung werden mehrere Attentate auf Hoche verübt, die er jedoch überlebt. Am 15. Dezember ist es so weit: eine knapp 50 Schiffe große Flotte transportiert 13 400 Mann zu der Bucht von Bantry. Leider trennt sich die Flotte unterwegs wegen Unwetter sowie patrouillierender englischer Schiffe, sodass Hoche selbst erst mal nicht in Irland ankommt. Die anderen Offiziere wagen die Landung unter eigener Verantwortung nicht und kehren zurück. Als Hoche am 5. Januar die Bucht erreicht ist die Flotte verschwunden und er muss ebenfalls zurückkehren. Den Rest seines Lebens wünscht er sich eine zweite Expedition durchzuführen, die jedoch erst nach seinem Tod stattfinden wird. Eine neue Anstellung steht aber bevor. Als erfolgreichster General der Republik (Bonaparte ist noch nicht in Italien eingefallen) erhält er am 24. Januar den Oberbefehl über seine geliebte Sambre- und Maas-Armee und kehrt nach Deutschland zurück. Erneut reorganisiert er seine Armee und baut eine neue Verwaltung für die sogenannten besetzten Länder auf. Während Bonaparte seinen Italienfeldzug führt, überschreitet Hoche seinerseits den Rhein, um die Österreicher zu bekämpfen. Der Sieg bei Neuwied am 18. April 1797 eröffnet ihm den Weg Richtung Donau. Allerdings wird er vor Frankfurt gestoppt, da Bonaparte mit den Österreichern den Präliminarfrieden von Leoben unterschrieben hat und die Kampfhandlungen einzustellen sind.

Abb. 7: Boizot: „La Bataille de Neuwied“. Relief auf dem Grabmal in Weißenthurm, 2017

Die politische Situation in Frankreich ist jedoch instabil und es wird befürchtet, dass die Royalisten die Wahlen gewinnen und die Gegenrevolution einleiten. Hoche wird nach Paris gerufen zur Vorbereitung eines Putsches, wird sogar kurzeitig Kriegsminister. Allerdings ist er zu jung für den Posten, bemerkt anschließend die politischen Ränkespiele, in die er geraten ist, und kehrt angeekelt nach Deutschland zurück. Der Putsch wird schließlich mit Hilfe seines Adjutanten Chérin am 18. Frucitdor (4. September 1797) erfolgen.

Der Wind der Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit weht aber auch im Rheinland. Einige Intellektuelle, unter welchen sich Josef Görres befindet, sehnen sich nach einer Republik auf dem Sinnbild Frankreichs. Hoche hat nicht nur sehr früh die ehemalige Verwaltung wieder eingesetzt, er unterstützt auch diese Bewegung, die am 5. September 1797 in Rheinbach mit der Gründung der Zisrhenanischen Republik mündet. Diese wird jedoch den Tod von Hoche nur wenige Tage überdauern.

Wenige Tage vor seinem Tod erhält Hoche zusätzlich den Oberbefehl über die Rheinarmee. Jetzt heißen die gesamten französischen Truppen in Deutschland „Armée d’Allemagne“.

Er ist schon länger krank und stirbt vermutlich an einer Magentuberkulose am 19. September 1797 in Wetzlar. Er wird nach Koblenz transportiert, vom Freund und Feind geehrt, und am 23. September auf dem Petersberg provisorisch beerdigt. Hier ruht er, bis  in Weißenthurm ein gebührendes Mausoleum für ihn errichtet wird ,an der Stelle, wo er den Rheinübergang in der Nacht vom 17. April geleitet hat.

Abb. 8: Aufhebung des Sarges von Hoche auf dem Petersberg, 1919

Aber das Provisorium hält. Während Marceau einen Tag danach exhumiert, eingeäschert und in seiner eigenen Grabpyramide bestattet wird, bleibt Hoche ein ganzes Jahrhundert auf dem Petersberg, der inzwischen als Feste Kaiser Franz ausgebaut worden ist. Sein Grab liegt im Werkhof der Feste. Erst nach dem Ersten Weltkrieg wird das Denkmal in Weißenthurm fertiggestellt und seine Überreste am 7. Juli 1919 in Anwesenheit französischer und amerikanischer Truppen feierlich umgebettet. Er ruht bis heute dort.

Abb. 9: Blick über das Denkmal in Weißenthurm 1919

Jean-Noël Charon

Anmerkungen

(1) Die Verwendung des Wortes „Asche“ ist allerdings irreführend: Hoche wurde nicht verbrannt. Seine Überreste wurden bei der Exhumierung 1919 in einen neuen Sarg umgebettet.

Quellen

  • Jean-Noël Charon, „Louis-Lazare Hoche (1768-1797)“, Verlag Fölbach, Koblenz 2018
  • Rousselin de Corbeau de Saint-Albin, Alexandre Charles Omer: „Vie de Lazare Hoche, Général des Armées de la République Française“, seconde édition, F. Buisson, Paris An VI.
  • „Translation des Cendres du Général Hoche à Weissenthurm“, Versailles 1919

Abbildungen

Abb. 1, 7: Foto Andreas Corvers, 2017
Abb. 2: Anonym, Gravüre um 1840, Sammlung Jean-Noël Charon
Abb. 3: Emile Boutigny, 1899, Sammlung Jean-Noël Charon
Abb. 4: Rousselin de Corbeau de Saint-Albin, Alexandre Charles Omer: „Vie de Lazare Hoche, Général des Armées de la République Française“, seconde édition, F. Buisson, Paris An VI, Band I, S. 59
Abb. 5: Musée de la Tour aux Puces, Thionville
Abb. 6: Foto Jean-Noël Charon, 2017
Abb. 8, 9: „Translation des Cendres du Général Hoche à Weissenthurm“, Versailles 1919, S. 14 u. S. 2