Tag des offenen Denkmals® 2022 – Station 2

Die Abortanlagen der Feste Kaiser Franz

Lange Jahre haben wir im Vorstand des Vereins Feste Kaiser Franz e. V. gerätselt, wo im Kernwerk sich die Abortanlagen für die Festungsbesatzung befunden haben mochten. Hierüber gab uns schließlich eine 1822 von Premier-Lieutenant Roehmer (1794-1866) erstellte Bauaufnahme der Feste Kaiser Franz Auskunft, von der wir 2020 eine digitale Kopie erworben haben. Roehmer war von 1818 bis 1827 als „bauleitender Offizier“ an „der Feste Kaiser Franz, der Moselflesche u. der Bubenheimer Flesche“ eingesetzt.(1) Demzufolge gab es im Bauwerk zwei Toilettenanlagen, von der sich eine auf dem Plateau am Reduitinnenhof befand und eine weitere in einer Kasenmatte im darunterliegenden Kehlturm eingebaut war.

Die Abortanlage des Reduits befand sich genau an der Stelle, an der wir sie schon länger vermutet hatten. Rechts neben dem noch erhaltenen südlichen Kopfbau des Gebäudes befindet sich in der Kehlmauer des Reduitinnenhofs eine größere Öffnung. Hier war ursprünglich die Toilettenanlage untergebracht (auf dem Bild wächst dort ein kleiner Strauch oder Baum).

Abb. 1: Südlicher Kopfbau des Reduits mit Abortanlage (roter Punkt), 2019

Leider ist von der Anlage außer der im Bild gezeigten Ablaufrinne heute nichts mehr erhalten. In den historischen Plänen des Reduits sind beide allerdings noch gut zu erkennen.

Abb. 2: Abortanlage am südlichen Kopfbau (Bildmitte), 1840

Die Entsorgung der Fäkalien erfolgte vermutlich über eine Ablaufrinne im Hang. Diese führte möglicherweise in eine Sickergrube am Fuße des Petersbergs.

Abb. 3: Ablaufrinne und Sickergrube (Bildmitte und darunter), 1840

Im Zuge der Hangsäuberung unterhalb des südlichen Kopfbaus wurde im Dezember 2020 auch die Ablaufrinne wieder freigelegt. Das hier gezeigte Bild zeigt den Zustand 2019, bevor das Gelände unterhalb des Gebäudes wegen Einsturzgefahr gesperrt wurde. Derzeit laufen dort Sicherungsmaßnahmen, um das Abrutschen des Bauwerks zu verhindern.

Abb. 4: Ablaufrinne, 2019

Die Toilettenanlage des Kehlturms befand sich in der letzten Kasematte auf der rechten Seite des Innenhofs (Blickrichtung Freitreppe zum Reduit). Auf einem weiteren Plan von 1840, der auf Roehmers Aufnahme basiert und den wir hier wiedergeben, ist die Anlage gut zu erkennen.

Abb. 5: Innenhof des Kehlturms mit Abortanlage (roter Punkt), 1840

Von der eigentlichen Abortanlage ist heute leider bis auf den Raum nichts mehr erhalten.

Abb. 6-8: Slideshow Abortanlage, 2022

Die Abortanlage befand sich unterhalb der in Abb. 8 zu sehenden Schießscharten. Bei einem Angriff hätten die Soldaten vom Abort aus über diese Scharten feuern müssen.

Abb. 9: Fliesen und Speißreste im Eingangsbereich, 2022

Die im Bild gezeigten Fliesen stammen aus der 1865 im lothringischen Sarreguemines (deutsch: Saargemünd) gegründeten Firma Thonwaarenfabrik Utzschneider & Ed. Jaunez (zur Geschichte der Firma siehe hier und hier in der deutschen Wikipedia). Ob ursprünglich die ganze Abortanlage gefließt war, müssen noch weitere Untersuchungen zeigen.

Abb. 10: Fliese aus der Abortanlage, 2022

Auf der linken Seite des Ausgangs (von außen rechts) gefand sich zudem ein Abfluss, über den Flüssigkeiten in den Innenhof und von dort in den Graben um den Kehlturm geleitet werden konnten.

Abb. 11: Abfluss rechts vom Eingang in den Abort, 2022

Erhalten geblieben ist die Sickergrube der Toilettenanlage, die sich in einem Raum unterhalb der Toilette befand. Die in Abb. 12 zu sehende Kasematte ist von außen nicht zugänglich und innen fast bis zum Gewölbeansatz verfüllt.

Abb. 12: Kasematte (Sickergrube) unter der Abortanlage, 2022

Ein Schnitt durch den Kehlturm (Abb. 2) zeigt die Latrinen (2) mit der darunter liegenden Sickergrube (1). Der Zugang in diese Kasematte, die etwa in der Höhe des ersten Stockwerkes des Turms lag, erfolgte über einen Schacht, der in den Graben um den Kehlturm führte (Abb. 3).

Abb. 13: Sickergrube unter der Abortanlage (roter Punkt), 1825
Abb. 14: Situationsplan der rechten Kehlturmseite mit Sickergrube (1), 1820er-Jahre

Die nachfolgenden Bilder sind durch einen Entlüftungsschacht aufgenommen worden, der sich rechts neben dem Zugang in den Kehlturm befindet. Da der Graben um den Kehlturm vermutlich bereits im 19. Jahrhundert verfüllt wurde, ist die Sickergrube von außen nicht mehr zugänglich. Auf den Fotos ist außerdem zu sehen, dass die Verbindung zum darüberliegenden Abort vermauert ist. Vermutlich geschah dies nach der Aufgabe der Toilettenanlage.

Abb. 15-18: Slideshow Sickergrube, 2022

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Anmerkungen

(1) Eintrag zu Johann Wilhelm Carl Röhmer, in: StAK DB 8, Alphabetische Liste der in Koblenz beschäftigten preuß. Ingenieroffiziere 1815 – 1914.

Abbildungen

Abb. 1: Foto T. Dillenburg, 2019
Abb. 2-3: GStA PK, XI. HA, FPK, A Nr. 70310 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 4: Foto M. Kellermann, 2019
Abb. 5: GStA PK, XI. HA, FPK, A Nr. 70310 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 6-11: Foto M. Kellermann, 2022
Abb. 12: Foto R. Arenz, 2022
Abb. 13: Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (GStA PK), XI. HA, FPK, A Nr. 70309 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 14: GStA PK, XI. HA, FPK, E Nr. 70294 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 15-18: Foto R. Arenz, 2022