Der Bau der Feste Kaiser Franz – Spolien und Steinmetzzeichen
Beim Bau der Koblenzer Festungswerke kamen verschiedene Werkstoffe zum Einsatz. Für die Maurerarbeiten waren dies Grauwacke, Schiefer, Basalt bzw. Basaltlava, Buntsandstein und Mauerziegel. Daneben kamen auch wiederverwendete Bauteile von anderen Gebäuden oder Bauwerken zum Einsatz, die unter Umständen durch ihre Form oder vorhergehende Bearbeitungen auffallen. Diese auch Spolien genannten Steine wurden in der Feste Kaiser Franz als günstiges Baumaterial wiederverwendet.
Spolien können symbolischen Charakter haben und ganz bewusst verbaut werden. Ein Beispiel hierfür sind z. B. die römischen Säulen in der Pfalzkapelle Karls des Großen in Aachen, die er eigens aus Ravenna importieren ließ. Die Verwendung der antiken Säulen sollte unterstreichen, dass Karl sich in der Tradition der römischen Kaiser sah und so sein eigenes Kaisertum legitimieren. Im Fall der Feste Kaiser Franz handelt es sich allerdings „nur“ um günstiges Baumaterial ohne eine verborgene Symbolik, das sich heute an ganz unterschiedlichen Stellen in den verbliebenen Gebäude- und Mauerteilen des Festungswerks wiederfindet.
Die in Abb. 1 und 2 zu sehenden Auflager für die ursprünglichen Holzdecken im Untergeschoss des Kehlturms stammen Udo Liessem zufolge aus dem in der französischen Zeit säkularisierten Kloster Heisterbach bei Königswinter, das 1809 zum Abbruch verkauft worden war.(1) Dieser Einschätzung widerspricht Klaus T. Weber dahingehend, dass die Steine aufgrund ihrer gotischen Erscheinung keineswegs aus Heisterbach kommen können.(2)
Weitere Spolien finden sich an der Poterne bzw. am Werkeingang der Feste Kaiser Franz. Sowohl die Einfassungen der Balkenschächte an der Auffahrt zum Poternenvorhof, ein Radstopper und eine Fenstereinfassung in der Poterne sowie eine Treppenstufe am Wachtlokal an der Kommunikation weisen eingemeisselte Schriftzüge auf. Dabei könnte es sich z. B. um Fragmente alter Grabsteine handeln.
Aus der Erbauungszeit der Feste Kaiser Franz (1816-1822) stammen vermutlich auch diverse Steinmetzzeichen. Mit einem individuellen Zeichen markierte der Steinmetz ein Werkstück und wies es damit als seine Arbeit aus. Diese dienten zudem als Grundlage für die Berechnung der Arbeitsvergütung.
Steinmetzzeichen finden sich an der Feste Kaiser Franz vor allem an den Basaltsteinen. Sie wurden als Sockel oder als Eckquader der aufgehenden Mauern im Innenhof des Kehlturms verwendet. Aber auch an anderen Bauwerksteilen können sie nachgewiesen werden, so z. B. an den Resten des Reduits auf dem Plateau des Petersbergs.
Bislang konnten drei verschiedene Steinmetzzeichen nachgewiesen werden, wobei das Zeichen „D“ überwiegt. Welche Funktion die Markierungen erfüllten, die sich nur an einigen, aber nicht an allen Steinen im Innenhof des Turms finden, ist nicht bekannt.
Anmerkungen
(1) Vgl. Neumann, Hartwig und Udo Liessem: Die Klassizistische Großfestung Koblenz. Eine Festung im Wandel der Zeit: preußische Bastion, Spionageobjekt, Kulturdenkmal. Mit dem vollständigen Reprint der deutschen Ausgabe des „Spionagewerks“ von J. H. Humfrey: „Versuch eines neu angenommenen Fortifikations-Systems zur Vertheidigung der Rhein-Grenze“, Nürnberg 1842, Koblenz 1989 (Reihe Architectura militaris, Bd. 2), S. 68.
(2) Vgl. Weber, Klaus T.: Die preußischen Festungsanlagen von Koblenz (1815-1834), Weimar 2003 (Diss. Reihe: Kunst- und Kulturwissenschaftliche Forschungen Band 1), S. 146.
Abbildungen
Abb. 1-3: Foto M. Kellermann, 2010
Abb. 4-5: Foto M. Kellermann, 2019
Abb. 6-7: Foto M. Kellermann, 2017