Vor 100 Jahren – das 230. französische Feldartillerie-Regiment verlässt Lützel

Im Zuge der schrittweisen Reduzierung der amerikanischen Truppen in der Koblenzer Zone konnte Frankreich nach mehreren vergeblichen Anläufen 1922 endlich auch eigene Truppen in Koblenz stationieren. Nachdem bereits im April und Juni das 156. bzw. 151. Infanterie-Regiment in Koblenz eingezogen waren, folgte im Juli 1922 die Verlegung einer weiteren Einheit in die Stadt.

Abb. 1: Die Trainkaserne in Lützel (Quartier Marceau), nach 1922

Am 7. Juli kam die erste und am 10. Juli die zweite von insgesamt drei Gruppen des französischen 230. Feldartillerie-Regiments (230e R.A.C. = 230e régiment d‘artillerie de campage) von Trier kommend in Koblenz an, wo sie in den ehemaligen Artillery barracks (Trainkaserne Lützel) untergebracht wurden.(1) Sie lösten dort das 28. und das 30. Dragoner-Regiment ab, die dort erst seit Mai 1922 stationiert waren(2) und nun von hier aus nach Metz verlegt wurden.(3)

Das 230. Feldartillerie-Regiment wurde auf die zwei Lützeler Kasernen und das Bekleidungsamt aufgeteilt. In der Trainkaserne (Quartier Marceau) lagen zwei Abteilungen samt dem Munitionszug, insgesamt 27 Offiziere, 813 Männer und 412 Pferde. Eine weitere Abteilung mit 10 Offizieren, 587 Männern und 388 Pferden war in der Feldartillerie-Kaserne untergebracht. Zuletzt war eine vierte Abteilung mit einem Offizier und 65 Mann im ehemaligen Bekleidungsamt einquartiert. Insgesamt betrug die Truppenstärke des Regiments Anfang November 1922 in Lützel 38 Offiziere, 1.465 Männer und 800 Pferde, verteilt auf die drei Standorte.(4) Über die Zeit der 230er in Koblenz ist allerdings bislang so gut wie nichts bekannt, ebenso fehlt bisher jegliches Bildmaterial.

Abb. 2: Angetretene 39er im Quartier Marceau, vor/um Juni 1923

Vermutlich wurde die Einheit vor 100 Jahren im Zuge der im Frühjahr 1923 erfolgten Reorganisation der französischen Rheinarmee abberufen und durch das umformierte 39. Artillerie-Regiment (39e R.A.D. = 39e régiment
d’artillerie divisionnaire) ersetzt.(5) Dieses blieb bis 1929 – die letzten 350 Mann der Einheit, die noch in der Trainkaserne untergebracht waren, verließen Koblenz am 7. November 1929.(6)

Matthias Kellermann

Abbildungen

Abb. 1: Sammlung M. Kellermann, unbekannter Fotograf, nach 1922
Abb. 2: Sammlung M. Kellermann, Lindstedt & Zimmermann, Koblenz, 1923

Anmerkungen

(1) Vgl. The Ameroc News (AN) Vol. 4 Nr. 73, 02.07.1922, S. 6 sowie Cornebise, Alfred E.: The Amaroc News. The Daily Newspaper of the American Forces in Germany, 1919-1923, Carbondale und Edwardsville 1981, S. 241f., Fußnote 18.
(2) Vgl. AN Vol. 4 Nr. 16, 06.05.1922 und AN Vol. 4 Nr. 71, 30.06.1922.
(3) Vgl. AN Vol. 4 Nr. 73, 02.07.1922.
(4) Vgl. Schreiben der Reichsvermögensverwaltung für die besetzten rheinischen Gebiete A.Z. I 3 a Nr. 693 vom 02.11.1922, in: BArch Bestand R 1601 Nr. 809, S. 323-324. Die in der Feldartillerie-Kaserne stationierte Abteilung verfügte über zwei Batterien 155-Zentimeter-Geschützen (Vgl. AN Vol. 4 Nr. 92, 21.07.1922, S. 4: Third French artillery battalion arrives and is quartered in Lutzel).
(5) Vgl. Historique des 39e et 239e régiments d‘artillerie de campagne. 2e édition, Nancy 1934, S. 64.
(6) Vgl. Schreiben des Präsidenten der Reichsvermögensverwaltung für die besetzten rheinischen Gebiete Nr. Pr. 2.162/3317 vom 07.11.1929, in: StAK Best. 623 Nr. 5182, S. 206f., hier S. 206.