Das Kriegs-Pulvermagazin 3 im linken Kehlpunkt

Bei den Sanierungsarbeiten am Hohlgang zwischen der Poterne und dem Kernwerk wurde in der Nähe des Reduits im November 2019 unerwartet ein unterirdischer Hohlraum entdeckt. Es stellte sich heraus, dass es sich dabei um das zerstört geglaubte Kriegs-Pulvermagazin 3 (KPM 3) handelte. Dieses war eines von zwei Magazinen, mit dem in den 1860er-Jahren zum einen die Lagerkapazitäten erhöht und zum anderen die sichere Lagerung der Sprengstoffe in der Feste Kaiser Franz sichergestellt werden sollte.(1)

Abb. 1: Blick in das Tonnengewölbe des KPM 3 am Tag der Eröffnung des Festungsparks, 2022

Anlass zu dem Neubau und auch der Nachrüstung älterer Magazine an allen Koblenzer Festungswerken war die fortschreitende Verbreitung gezogener Geschützrohre und der damit einhergehenden Reichweitenerhöhung der Geschütze, die zur Folge hatte, dass z. B. das Kriegs-Pulvermagazin im rechten Endprofil der Feste Kaiser Franz nicht mehr ausreichend Schutz vor Artilleriebeschuss aus der Ferne bot. Um Abhilfe zu schaffen wurde 1862 für die Feste Kaiser Franz der Bau zweier neuer unterirdischer Magazine „unter dem Hofraum der Enveloppe vom Kernwerk Franz an der unterirdischen Kommunikation nach der linken Flanke“ auf den Weg gebracht (siehe Abb. 2). Diese sollten zusammen 1.120 Tonnen Pulver aufnehmen können.(2)

Abb. 2: Lage der Magazine 2 (im Bild mit III bezeichnet) und 3 (im Bild die II) zwischen Poterne (links) und Reduit, 1862

Der Rohbau der beiden KPM 2 und 3 war 1863 bereits vollendet. Da sich aber schon während der Bauarbeiten eine große Menge Wasser auf dem Boden der beiden Magazine gezeigt hatte, „wurden von den Hallen aus Stollen […] mit Gefälle nach der Kehlböschung des Werks zu im Fels vorgetrieben und später mit Hausteinrinnen ausgelegt„.(3) 1864 wurden die neuen Magazine innen verputzt, außerdem wurden mit dem Aushub der beiden Baugruben die Traversen auf dem umlaufenden Wall (Enveloppe) errichtet.(4) Mit der Überarbeitung der „Abwässerung“ (siehe Abb. 3) im Zuge der 1865 durchgeführten Korrekturbauten am Kernwerk(5) und der „Inneneinrichtung“ der Magazine waren die Arbeiten an beiden Magazinen endgültig abgeschlossen. Die Bauleitung hatten der Premier-Lieutenant Pagenstecher und der Second-Lieutenant Classer.(6)

Abb. 3: Grundriss des baugleichen KPM II, 1865

Das KPM 3 ist ca. 13 Meter tief und 5,2 Meter breit. Es wird auf drei Seiten von umlaufenden „Luftkorridoren“ von ca. 70-80 cm Breite umschlossen,(7) die über Lüftungsöffnungen in der nördlichen bzw. südlichen Mauer mit dem Magazinraum verbunden sind. Das halbe Tonnengewölbe des KPM 3 ist am höchsten Punkt ca. 4,3 Meter hoch, das Bodenniveau des Magazins liegt ca. 7,1 Meter unter der Erde. Das „gemauerte Gewölbedach“ über dem Tonnengewölbe ist „sattelförmig-spitzbogig“ angelegt, im Westen ist zudem ein Luftschacht kaminartig an die Oberfläche geführt. Der Zugang in das Bauwerk erfolgte über ein parallel zum Hohlgang zwischen Reduit und Poterne verlaufendes Treppenhaus.(8) Die Inneneinrichtung des KPM 3 ist nicht mehr vorhanden.

Beide Magazine verfügten über ein Fassungsvermögen von 560 preußischen Tonnen zu je 200 kg, was 112.000 kg entsprach. Bei einer Menge von 50 kg per Fass konnten pro Bauwerk 2.240 Fässer gelagert werden,(3) die zunächst mühsam durch den schmalen Hohlgang zwischen Poterne und Kernwerk getragen werden mussten. Um die Andienung der zwei Magazine zu erleichtern, wurde 1869 nördlich des KPM 2 ein Tonnen-Winde-Schacht errichtet, über den die Fässer bequem in den Hohlgang abgelassen werden konnten.

Abb. 4: Zugang zum Tonnen-Winde-Schacht, 2022

Die Kriegs-Pulvermagazine 2 und 3 verrichteten ihren Dienst vermutlich bis 1918 und möglichweise auch noch zur Zeit der anschließenden amerikanischen Besatzung. Während der Entfestigung 1920 sollten dann alle Kriegs-Pulvermagazine an der Feste Kaiser Franz zerstört werden. Sei es aus Nachlässigkeit oder aus Absicht wurde damals tatsächlich wohl nur der Eingangsbereich in das Bauwerk gesprengt, während der dahinter liegende Hohlraum erhalten blieb. Die Folge war, dass das Bauwerk in wesentlichen Zügen erhalten blieb(9) und geschützt durch den verschütteten Eingangsbereich die Jahrzehnte im Untergrund ungestört überdauert hat. Bei dem benachbarten KPM 2 hatte der Sprengmeister sauberer gearbeitet – hier ist kein Hohlraum mehr vorhanden.

Abb. 5: KPM 3 und zerstörter Eingangsbereich, 2020

Betroffen von der Sprengung waren der Zugang in das Magazin mit Vorraum und einem Teil des „Erschließungsgangs“(10). Erhalten blieb dagegen in großen Teilen das Magazin samt den auf drei Seiten umlaufenden „Luftkorridoren“, wobei die westliche Trennmauer nicht mehr vorhanden ist. Nach der Wiederentdeckung des ruinösen Magazins im Zuge der Bauarbeiten am Festungspark Kaiser Franz bzw. der Sanierung des Hohlgangs zwischen Poterne und Reduit entschloss sich die Stadt Koblenz, das KPM 3 zu erhalten. 2020 wurde das Magazin saniert und über einen Neubau, der auch einen Treppenzugang zum Festungspark einschloss, wieder an diesen Hohlgang angebunden. Die zu erneuernden Teile wurden in Beton ausgeführt, um neue und alte Bauteile kenntlich zu machen.

Abb. 4 – Abb. 12 (Slideshow)

Laut Christian Kayser handelt es sich bei dem KPM 3 um „ein ungewöhnlich gut überliefertes Beispiel für die damals [in den 1860er-Jahren, Anm. d. Autors] fortifikatorische aktuelle Entwicklungsstufe der Bautypologie„, auch, da wichtige charakteristische Details der Konstruktion noch gut erkennbar sind.(11) Für weiterführende Informationen sei an dieser Stelle auch der Beitrag von Christian Kayser „Verloren und wiedergefunden: Das Kriegspulvermagazin III der Feste Franz in Koblenz“ von 2022 empfohlen (siehe Literatur).

Langfristig soll das Magazin auch für Besucher zugänglich gemacht werden (Stand April 2023). Funde wie das KPM 3 machen daher auch Hoffnung, im Untergrund noch weitere unzerstörte Bereiche der Feste Kaiser Franz wieder zu entdecken und zu erschließen.

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Vgl. Festungs-Geschichte von Coblenz und Ehrenbreitstein 1834 bis 1905, Bl. 29, in: Stadtarchiv Koblenz (StAK) HK 11 Dzi: Dziobek, Ernst: Kriegs- und Befestigungsgeschichte von Coblenz und Ehrenbreitstein, Koblenz 1834.
(2) Ebd., Bl. 30.
(3) Ebd., Bl. 34.
(4) Ebd., Bl. 37.
(5) Vgl. Kayser, Christian: Koblenz. Feste Kaiser Franz – Kernwerk. Kriegspulvermagazin III. Dokumentation der bauhistorischen Untersuchungen – Textteil, München 2020, S. 7.
(6) Vgl. Spezial-Geschichte der einzelnen zur Ausführung gekommenen Bauten, Bl. 122f., in: Stadtarchiv Koblenz (StAK) HK 11 Dzi: Dziobek, Ernst: Kriegs- und Befestigungsgeschichte von Coblenz und Ehrenbreitstein, Koblenz 1834.
(7) Vgl. Kayser, S. 6.
(8) Kayser, Verloren, S. 234f.
(9) Vgl. Kayser, S. 5.
(10) Ebd., S. 7.
(11) Kayser, Verloren, S. 250.

Literatur

Kayser, Christian: Verloren und wiedergefunden: Das Kriegspulvermagazin III der Feste Franz in Koblenz, in: Intra Muros – Infrastruktur und Lebensalltag in Festungen – Pulvermagazine und Laboratorien- , herausgegeben von Benedikt Loew, Guy Thewes und Hans Peter Klauck, Saarlouis 2022 (Schriftenreihe Festungs-Forum Saarlouis Band 5), S. 229-251.

Abbildungen

Abb. 1: Foto Feste Kaiser Franz e.V., 3. Mai 2022
Abb. 2: GStA PK, XI. HA, FPK, F Nr. 70502 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 3: GStA PK, XI. HA, FPK, E Nr. 70292 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 4: Foto Feste Kaiser Franz e.V., 2022
Abb. 5: Fotografie F. Kellermann, 2020

Slideshow:
Abb. 4, 12: Stadtverwaltung Koblenz, Amt für Stadtentwicklung und Bauordnung (Amt 61), Untere Denkmalschutzbehörde, mit freundlicher Genehmigung
Abb. 5-11: Fotografien Christian Ahnen, Ahnen Bau GmbH, mit freundlicher Genehmigung
Anmerkung: Die Nummerierung der Fotografien in der Slideshow folgt einer älteren Veröffentlichung. Diese kann leider nachträglich nicht mehr ohne größeren Aufwand angepasst werden, ohne den ursprünglichen Beitrag zu verändern.