Die südliche Kehlmauer der Feste Kaiser Franz

Der rückwärtige Bereich der Feste Kaiser Franz, die sogenannte Kehle, war durch den am Fuß des Petersbergs errichteten Kehlturm geschützt, der den ganzen Mündungsbereich der Mosel in den Rhein mit Kanonenfeuer belegen konnte. Für die Nahverteidigung war außerdem im rechten Kehlbereich die Kommunikation zur Bubenheimer Flesche vorgesehen, die zum Rhein hin eine schier endlose Reihe von Schießscharten aufweist. Zusätzlich war das Plateau des Petersbergs im rechten und linken Kehlbereich des Festungswerks mit einer mit Schießscharten versehenen, sogenannten krenelierten Mauer bewehrt.

Abb. 1: Blick auf die südliche Kehlmauer und den Reduiteingang, 2023

Die südliche Kehlmauer, von der hier die Rede ist, erstreckte sich zwischen Poterne und Reduit. Die ca. 0,94 Meter dicke(1) und 4,57 Meter hohe(2) Mauer war ca. 146 Meter lang.(3) Die direkt an der Kante des in diesem Bereich schroff zum Rhein hin abfallenden Petersbergs errichtete Mauer war spätestens im September 1819 fertig gestellt.(4) Begünstigt durch das natürliche Annäherungshindernis des Hangs, konnte die Kehlseite der Feste Kaiser Franz weniger geschützt werden als die Angriffsseite. Durch diese Positionierung der Kehlmauer wurde ein möglicher Angriff auf das Festungswerk zusätzlich erschwert. Zudem konnte die Mauer durch Artilleriebeschuss vom Ehrenbreitstein niedergelegt werden, wenn ein Angreifer sich des Werks bemächtigt hätte, und wäre so seiner Deckung beraubt worden.

Abb. 2: Ursprüngliche Position der linken Kehlmauer zwischen Poterne (blauer Punkt) und Reduit (roter Punkt), undatiert

Die Platzierung der linken Kehlmauer an dieser exponierten Stelle sollte sich aber alsbald als problematisch herausstellen. Vermutlich hatten sich Risse in der Mauer gezeigt, worauf diese zunächst unter Beobachtung gestellt wurde und, nach der Feststellung der Ursache, schließlich auch entsprechende Maßnahmen umgesetzt wurden. „Nachdem seit mehreren Jahren angestellte Beobachtungen es außer Zweifel gesetzt hatten, daß das immer mehr zunehmende Reißen und Überhängen der südlich vom Reduit […] stehenden Kehlmauer von einer Bewegung in den obern Schichten des Felsens, auf dem diese Mauer gegründet, herrühren, wurde dieselbe abgebrochen, auf durchschnittlich 20′ einwärts dieses Forts wieder aufgeführt […].“(5)

Abb. 3: Fundament der ursprünglichen Kehlmauer an der Hangkante, 2023

Die Kehlmauer wurde nach dem Abbruch in etwa 6,28 Meter Entfernung von der Kante in Richtung des Innenhofs der Feste Kaiser Franz wieder errichtet. Im Zuge dieser Verlegung erhielt sie in der Nähe des Reduits eine Ausfallpforte, um den Bereich vor der Mauer auch betreten zu können. Da der ursprüngliche Eingang in das Reduit nun vor der Mauer lag, wurde dieser vermauert und das Portal samt Durchfahrt und Brücke über den Graben in den zweiten Kasemattenblock verlegt.

Abb. 4: Verlegte Kehlmauer und Reduiteingang, 1862

Mit der Entfestigung der Feste Kaiser Franz Anfang der 1920er-Jahre waren auch die Tage der linken Kehlmauer gezählt. Mit dem Abriss bzw. der Höhenreduzierung des unweit hinter der YMCA-Baracke stehenden Bauwerks im Januar 1921 ergaben sich dort völlig neue Ausblicke.

Die Entfestigungsarbeiten am Fort schreiten weiter voran, in einer stetigen, nicht wirklich aufregenden Art. Die massiven Mauern, 15 Fuß hoch, aus Stein und Beton, werden nun niedergerissen, aber dies wird mit Hacke und Schaufel ausgeführt und der Vorgang, obwohl nicht so dramatisch wie die täglichen Aufruhre im Dezember und November, ist ebenso interessant, als sich hierdurch neue Möglichkeiten und traumhafte Ausblicke auf den Rhein und seine Höhen ergeben. Die Mauer in unmittelbarer Nähe unserer Baracke wird nun gerade abgerissen. Etwa vier bis fünf Fuß Höhe bleiben bestehen, wodurch der Blick über das Tal und rüber zum Ehrenbreitstein nicht gehindert wird und wir in Bildern von der Berührung des Himmels mit den Hügeln, dem Funkeln entfernten Lichts und aufsteigender Nebel schwelgen können, und in all den anderen Schönheiten, die das Rheinland für alle Ewigkeit so romantisch machen.“(6)

In diesem Zustand überdauerte die Mauer bis 2018.

Abb. 5: Überwucherte Kehlmauer, September 2017

Im Zuge der Arbeiten für den späteren Festungspark Kaiser Franz wurde die Mauer zunächst ab September 2018 komplett freigestellt, wodurch zum ersten Mal die mannigfaltigen Schäden an dem Bauwerk zutage traten.

Abb. 6: Freigelegte hangseitige Kehlmauer, 2018

Gleichzeitig wurden für die spätere Sanierung Mauerwerksversuche durchgeführt.

Abb. 7: Mauerversuche, Oktober 2018

Die eigentlichen Sanierungsarbeiten begannen im Juli 2019. Im südlichen, zur Poterne gelegenen Teil wurde die Mauerkrone glatt ausgeführt, während der nördliche, zum Reduit gelegene Teil „rau“ abgeschlossen wurde. Die ehemalige Ausfallpforte erhielt eine verschließbare Holztür.

Abb. 8: Der südliche Abschnitt der Mauer während der Arbeiten, Juli 2019

Anfang September 2019 war die Sanierung der linken Kehlmauer der Feste Kaiser Franz abgeschlossen. Heute bildet sie die östliche Begrenzung des Festungsparks Kaiser Franz und sichert den Hang des Petersbergs zur Rheinebene hin ab.

Matthias Kellermann

Anmerkungen

(1) Siehe Maße in GStA PK, XI. HA, FPK, A Nr. 70310.
(2) The army on the Rhine. The navy and the merchant marine in Europe, Nr. 18, The International Committee of Young Men’s Christian Associations, 1921, S. 26. Hier ist von einer Höhe von 15′ die Rede.
(3) Siehe Maße in GStA PK, XI. HA, FPK, A Nr. 70310.
(4) Vgl. Weber, Klaus T.: Die preußischen Festungsanlagen von Koblenz (1815-1834), Weimar 2003 (Diss. Reihe: Kunst- und Kulturwissenschaftliche Forschungen Band 1), S. 232: „1819 – September: […] Das übrige Werk ist errichtet.“
(5) Stadtarchiv Koblenz (StAK) HK 11 Dzi: Dziobek, Ernst: Kriegs- und Befestigungsgeschichte von Coblenz und Ehrenbreitstein, Koblenz 1834, darin: „Festungs-Geschichte von Coblenz und Ehrenbreitstein 1834 bis 1905, Blatt 1.
(6) The army on the Rhine. The navy and the merchant marine in Europe, Nr. 18, The International Committee of Young Men’s Christian Associations, 1921, S. 26. Übersetzung M. Kellermann.

Abbildungen

Abb. 1, 3: Foto M. Kellermann, 2023
Abb. 2: GStA PK, XI. HA, FPK, A Nr. 70310 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 4: GStA PK, XI. HA, FPK, F Nr. 70502 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 5-8: Foto Feste Kaiser Franz e.V., 2018/2019