Tag des offenen Denkmals® 2022 – Station 1

Alltags- und sonstige Gegenstände

Das Kernwerk der Feste Kaiser Franz, bestehend aus dem Reduit auf dem Plateau und dem darunter liegenden Kehlturm am Fuße des Petersbergs, war von Anfang an als Kaserne konzipiert. Als solche diente es bis in den Ersten Weltkrieg hinein. In der Nachkriegszeit, unter amerikanischer und später französischer Besatzung, spielte das Kernwerk keine Rolle als Unterkunft mehr. Erst in den 1930er-Jahren und dann wieder nach dem Zweiten Weltkrieg wurden hauptsächlich die Räume des Reduits als Wohnraum genutzt, bevor das Gebäude dann im Januar 1958 gesprengt und damit unbewohnbar gemacht wurde.

Abb. 1: Das Reduit der Feste Kaiser Franz als Kaserne mit Kantine
Ausschnitt aus einer Ansichtskarte, gelaufen 1906

In all diesen Jahren haben die diversen Bewohner ihre Spuren an oder in den Gebäuden und Bauwerken der Feste Kaiser Franz hinterlassen. Bei unseren Arbeiten auf dem Festungsgelände mussten wir in den vergangenen 25 Jahren allerdings feststellen, dass spektakuläre oder gar wertvolle Funstücke eher selten sind. Meist stießen wir doch eher auf banal wirkende Alltagsgegenstände wie Geschirr oder sonstige Küchenutensilien. Oft handelte es sich auch nur um trümmerhafte Reste, die sich zeitlich nur schwer einordnen ließen und keinen größeren Wert für die Erforschung der Geschichte der Feste Kaiser Franz oder für unsere Sammlung darstellten.

Eine Auswahl solcher Alltags- und sonstiger Gegenstände wollen wir im Folgenden präsentieren.

1. Wäschemarken

Abb. 2: Einnäh-Wäschemarken des Kanoniers Moll, 2022

Der hier gezeigte „Stoffbogen“ von Einnähmarken für die Uniformen der Soldaten wurde im April 2021 von Mitarbeitern der Firma Kletterknecht in einer der Schießscharten am südlichen Kopfbau des Reduits gefunden.

Mit dem Aufkommen der Militärwäschereien wurde es nötig, die Uniformen und sonstigen Wäschestücke mit solchen Namensschildern zu versehen, damit der Soldat nach erfolgter Reinigung seine eigenen Wäschestücke auch zurückbekam. Bis dahin war es üblich, dass der Soldat selbst für die Wäsche seines Drillichs und seiner Uniform Sorge tragen musste und eine Kennzeichnung daher nicht notwendig war. Da in der Festungsbesatzung auch Schneidereien, Küche, Sanitätsdienst etc. mit eingegliedert waren, wurden die neuen Wäschemarken vermutlich dort von den Schneidern in den Kleidungsstücken eingenäht.

Die oben abgebildeten Wäschemarken waren für die Kleidung des Kanoniers Moll bestimmt, der in der 11. Batterie des 1887 gegründeten 2. Rheinischen Feldartillerie-Regiments Nr. 23 seinen Dienst verrichtete. An der Feste Kaiser Franz war seit Januar 1894 die IV. Abteilung des Regiments untergebracht, deren 11., 12. und 13. Batterie 1893 in Köln-Wahn aufgestellt worden waren.

2. First Aid Packet U.S. Army

Abb. 3: First Aid Packet U.S. Army, 2014

Einen militärischen Ausrüstungsgegenstand aus ganz anderer Zeit und Herkunft fanden wir 2012 bei Aufräumarbeiten im südlichen Kopfbau des Reduits. Der hier gezeigte Metalldeckel wirkte auf den ersten Blick wie der Verschluss einer Fischkonservendose, der zweite Blick und die spätere Reinigung des Objektes offenbarte dann allerdings die wahre Herkunft des Metallteils: Es handelt sich um einen kupfernen Verschlussdeckel eines First Aid Packets der U.S. Army. Die eingestanzten Wörter bezeichnen u. a. den Herstellungsort, den Hersteller und das Datum des Vertrags.

First Aid Packet U.S. Army | Contract May 1918 | Bauer & Black | Chicago U.S.A. | To open pull ring | Patent applied for.

3. Petroleumkanne

Abb. 4: Petroleumkanne, 2009

Der zylindrische Korpus dieser emaillierten Kanne wurde 2009 bei Aufräumarbeiten am Poternenvorhof gefunden. Dem Aufdruck nach war sie für Petro(leum) vorgesehen und fasste 2 Ltr. (= Liter). Tülle, Henkel und oberer Verschluss waren leider nicht mehr vorhanden. Ob diese Petroleumkanne noch aus der Zeit der militärischen Nutzung der Feste Kaiser Franz stammt oder aus päterer Zeit konnte bislang nicht geklärt werden.

4. Festungsrayon – Rayonstein

Abb. 5: Oberirdischer Teil des Rayonsteins Nr. 91, 2010

Der Festungsrayon war der Bereich um eine Festung, in dem aus Rücksicht auf das freie Schussfeld rund um
das Werk nur eingeschränkt gebaut werden durfte. Im Falle eines Angriffs hätten die in diesem Bereich errichteten
Gebäude auf Kosten der Eigentümer abgebrochen werden müssen.

Der oben abgebildete Rayonstein mit der Inschrift „KF 91“ (Königliche Fortifikation, Stein Nr. 91) lag eine ganze
Zeit vor dem Eingang in den Kehlturm der Feste Kaiser Franz, bevor wir ihn im Zuge der Sanierungsarbeiten
im Winter 2009/10 gesichert und eingelagert haben. Der ursprüngliche Aufstellungsort war südlich des Kehlturms
der Feste Kaiser Franz (siehe Abb. 6).

Abb. 6: Rayonplan des Systems Feste Franz (Ausschnitt), 1851

5. Flaschen und Verschlüsse

Abb. 7: Tonflasche Rhenser Mineralbrunnen, 2009
Abb. 8: Fragmente von Tonflaschen, 2020

Die fast vollständig erhaltene Tonflasche des Rhenser Mineralbrunnens wurde von Mitarbeitern der CarMen gGmbh bei ihren Arbeiten im Kehlturm gefunden, Ort und Zeit sind leider unbekannt. Die Fragmente der übrigen Tonflaschen traten 2020 bei den Planierungsarbeiten für den neuen Festungspark zutage und wurden dort in der Nähe der Poterne vom Verein gesichert.

Abb. 9: Bierflasche, 2009

Diese Bierflasche der Königsbacher Brauerei AG und weitere kleinere Glasfragmente fanden sich 2010 beim Aushub des Trennungsgrabens an der Poterne. Da die Firma erst 1900 aus der Bierbrauerei Josef Thillmann hervorging (vergleiche hier), könnte der Graben nach dieser Zeit zugeschüttet worden sein.

Abb. 10: Porzellanverschlusskappen, 2011

Flaschenverschlüsse aus Porzellan mit Gummidichtung waren früher weit verbreitet. Eine große Zahl dieser Porzellanverschlusskappen von vielen verschiedenen deutschen Brauereien hatte der Verein Ende der 1990er-Jahre bei seinen Arbeiten in der Poterne entdeckt und zusammen mit einer großen Menge Erde in einer Ecke des Poternenvorhofes abgekippt. Bei der Beseitigung der Erde 2014 wurden diese schließlich gesichert. Einige der Brauereien existieren noch heute, wie z. B. die Königsbacher oder Holsten, im Falle von Otzenrath ist neben der Brauerei sogar der Ort von der Landkarte verschwunden.

6. Bully T1 von Volkswagen

Abb. 11: Bully T1 von VW, 2014

Eines der kuriosesten Fundstücke ist sicherlich der Bully T 1 Pritschenwagen von VW, der 2009 bei der Räumung des kleinen Wachlokals am Poternenvorhof auftauchte. Unter Schutt und Müll verbargen sich u. a. die hier gezeigten Einzelteile des Führerhauses sowie die auseinandergesägte Pritsche. Nur der Motorblock war nicht mehr vorhanden. Aus welcher Motivation heraus das Fahrzeug, dessen TÜV in den 1960er-Jahren abgelaufen war, zerlegt und in dem kleinen Raum „geparkt“ wurde, ist leider nicht bekannt.

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Abbildungen

Abb. 1: Sammlung R. Arenz, Ansichtskarte, gelaufen 1906 (Ausschnitt)
Abb. 2-5, 7-11: Fotografien M. Kellermann
Abb. 6: GStA PK, XI. HA, FPK, A Nr. 70478 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0