Tag des offenen Denkmals® 2022 – Station 4

Beobachtungen in der Kriegsbäckerei

1828 wurde im Untergeschoss des Kehlturms der Feste Kaiser Franz eine von vier Kriegsbäckereien der Festung Koblenz und Ehrenbreitstein eingerichtet. Da die Bäckerei nachträglich eingebaut wurde, waren einige bauliche Änderungen im Gebäude nötig. Der Ort für die Bäckerei – in der letzten Kasematte auf der südlichen Seite des Turms – war mit Bedacht gewählt, lag sie dort doch außerhalb der Reichweite eines potentiellen Angreifers.

Abb. 1: Backofen im Untergeschoss des Kehlturms, 2016

Sämtliche Militärbacköfen in Koblenz waren für die Feuerung mit Holz ausgelegt (Steinkohlen waren zwar damals schon in Gebrauch, kamen in Koblenz aber wahrscheinlich nicht zum Einsatz), wobei die Brennkammer gleichzeitig auch als Backkammer diente. Verfeuert wurde hauptsächlich Buchen- und Eichenholz, aber auch Weichholz (z. B. Birke, Nadelholz) und Reisig. Vor dem ersten Backen wurde der Ofen mehrere Stunden aufgeheizt. Die bei der Verbrennung des Holzes entstehenden Kohlen wurden durch das sogenannte Mundloch ( in Abb. 1 die obere Öffnung in der Bildmitte) herausgezogen und dann zum Auskühlen in die kleine Kammer unter dem Backofen befördert (in Abb. 1 die untere Öffnung).

Abb. 2: Backraum (Herd) des Festungsbackofens, 2016

Der 4,5 m tiefe und 3,9 m breite birnenförmige Herd ist mit Platten aus Beller Tuffstein konstruiert. Wie in Abb. 2 und Abb. 3 zu sehen, steigt die Herdsohle vom Mundloch bis zur Rückseite leicht an (ca. 6° Grad), was den Luftzug im Ofen zusätzlich förderte und dem Schießer (d. h. dem Soldaten oder Bäckerburschen, der die Brote in den Backofen und wieder hinaus beförderte) außerdem die Arbeit erleichterte.

Abb. 3: Vermuteter Aufbau des Backofens in der Feste Kaiser Franz, 1844

Die durch das Mundloch einströmende Luft wurde durch sechs Züge abgeleitet (Abb. 3, links unten unter „a“) und über den Herd zurück in den Rauchfang („e“) befördert, wo sie dann durch den Kamin abzog. Um den Luftzug nochmals zu erhöhen, konnte der Rauchfang mit Metallblechen geschlossen werden (in das in Abb. 4 zu sehende Gestänge konnten diese Bleche eingeführt werden).

Mit dieser Konstruktion wurde erreicht, dass sich der Herd überall gleichmäßig erhitzte und das Brot somit gleichmäßig ausbacken konnte und nicht etwa auf der einen Seite des Ofens schon verkohlte, während es auf der anderen Seite noch nicht fertig war.

Abb. 4: Gestänge für Metallbleche, je drei verschließbare Öffnungen für die sechs Züge und die Öffnung des Kamins (Bildmitte), 2016

Das Mundloch war über einen seitlich auf drei Rollen laufenden Metallschieber verschließbar. Dieser Schieber besteht aus zwei parallelen Metallplatten, die einen Hohlraum einschlossen; zur besseren Isolierung wurde dieser Zwischenraum mit Asche gefüllt. Die sechs Rauchzüge waren ebenfalls über Schieber verschließbar, wovon heute noch fünf komplette Gestänge vorhanden sind. Da alle Schieber aus Metall bestehen, waren diese aufgrund der jahrzehntelangen hohen Feuchtigkeits-Belastung des Kehlturms stark verrostet.

Abb. 5: Mundloch des Backofens mit Metallschieber, 2008

Der Raum vor dem Backofen diente vermutlich als Backstube, in der der Brotteig zubereitet wurde. Nach dem Gehen des Sauerteigs wurden die Portionen (ca. 250 Stück) abgeteilt und in den aufgeheizten Ofen „eingeschossen“, wofür der Schießer eine Viertelstunde benötigte. Die Backzeit betrug etwa zwei Stunden. Während dieser Zeit konnte über das sogenannte Lichtloch, eine kleine Öffnung rechts vom Mundloch, der Backfortschritt kontrolliert werden.

Nach Ablauf der Backzeit zog der Schießer die fertigen Brote innerhalb einer weiteren Viertelstunde aus dem Backofen, um sie für die nächsten 24 Stunden in der Brotkammer zu lagern. Der Backofen wurde gegebenenfalls nochmal nachgeheizt, um anschliessend eine weitere Ladung Brote zu backen. Auf diesem Weg konnten ca. 1 000 Brote am Tag gebacken werden, im Kriegsfall sogar bis zu 1 500 Brote.

Links in Abb. 6, hinter dem später eingebauten Kamin, war vermutlich der Kessel für das Backwasser aufgestellt. Dieses wurde entweder mit den beim Anheizen des Backofens angefallenen Kohlen oder mit warmer Luft erhitzt.

Abb. 6: Backstube mit Backofen, 2016

Die Backstube war der einzige Raum im Untergeschoss des Kehlturms, der ein (nachträglich eingebautes) Fenster besaß. Dieses diente vermutlich zum Abführen der heißen feuchten Luft aus der Backstube.

Abb. 7: Vermauertes Fenster zur Backstube mit Zapfen der Fensterläden, 2019

Unterhalb des Fensters befindet sich auf der Innenseite eine Öffnung in der Wand, die eine direkte Verbindung nach außen in den Graben um den Kehlturm hatte. Diese diente vermutlich der Entsorgung kleinerer Abfälle oder des Wischwassers.

Abb. 8: Entsorgungsschacht, 2018

Der Boden in der Backstube war nicht, wie eigentlich üblich, mit einem Holzboden ausgelegt, sondern mit Buntsandsteinplatten. Damit wurde zum einen vermieden, dass das Holz wegen der hohen Feuchtigkeitsbelastung (Wasserdampf) zu faulen begann, zum anderen hätte bei einem Holzboden die Gefahr eines Brandes bestanden.

Um das ideale Bodenniveau in der Backstube zu erreichen und dem Schießer so die Arbeit zu erleichtern, wurde der Boden tiefer gelegt. Um den Höhenunterschied zur benachbarten Mehlkammer wieder auszugleichen, wurde eine Rampe zwischen beiden Räumen angelegt und ebenfalls mit Buntsandsteinplatten belegt. Leider ist dieser ursprüngliche Boden nicht mehr erhalten.

Abb. 9: Speisreste des Originalfußbodens, 2014

Neben Backofen und Backstube wurden noch weitere Räume im Untergeschoss für die Kriegsbäckerei genutzt. Unmittelbar an die Backstube anschließend befand sich wie erwähnt die Mehlkammer und einen Raum weiter ein Tiefbrunnen für die Wasserversorgung. Kohlen und Holz wurden in den Räumen rechts vom Backofen gelagert. Die gesamte rechte Seite des Kehlturmuntergeschosses diente als Brotkammer.

Abb. 10: Holzkammer der Kriegsbäckerei, 2008. Der Raum diente zu dieser Zeit der CarMen als Holzlager.

Da die Backstube im Untergeschoss vergleichsweise klein ist, wurde möglicherweise auch die Küche im ersten Stock mitgenutzt. Über eine damals schon vorhandene kleine Treppenanlage gelangte man auf kurzem Weg von einem Geschoss zum nächsten.

Unterhalb der Küche befindet sich der Backofen, der von oben über zwei Revisionsöffnungen erreicht werden konnte. Diese dienten zum einen dazu, kleinere und größere Reparaturen vornehmen zu können, zum anderen möglicherweise auch zum Ableiten der Resthitze. Diese wurde dann in der Küche dazu genutzt, den Sauerteig nach der Zubereitung gehen zu lassen, sodass der Platz in der eigentlichen Backstube für andere Arbeiten zur Verfügung stand.

Abb. 11: Küche im ersten Obergeschoss des Kehlturms, 2019

Einen besonderen Kniff haben sich die Konstrukteure des Ofens für den Kamin einfallen lassen. Da sich der Rauchfang des Backofens genau im früheren Durchgang zwischen zwei Kasematten befindet, konnte der Kamin an dieser Stelle nicht gerade nach oben geführt werden, ohne den darüberliegenden Durchgang im ersten Stockwerk zu blockieren. Daher verläuft der Kamin des Ofens nicht gerade nach oben, sondern schräg über die Brennkammer zurück in eine Ecke der Küche, um von dort nach oben weiter zu laufen. Damit erklären sich eventuell auch die enormen Kohlenstaubreste, die sich in dieser Ecke nach der Öffnung der Bodenabdeckung fanden.

Abb. 12: Revisionsöffnungen mit Kamin (mit angelehnter Leiter), 2019

Der Backofen in der Feste Kaiser Franz ist der letzte noch vorhandene in der gesamten Festung Koblenz und Ehrenbreitstein. Derzeit laufen die Vorbereitungen für die Sanierung des Backofens mit dem Ziel, diesen in nicht allzu ferner Zukunft wieder in Betrieb zu nehmen.

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Abbildungen

Abb. 1, 2, 4, 6: Foto R. Arenz, 2016
Abb. 3: Ernst Dziobek, Taschenbuch für den preussischen Ingenieur, Koblenz 1844
Abb. 5, 10: Foto R. Arenz, 2008
Abb. 7, 11, 12: Foto M. Kellermann, 2019
Abb. 8: Foto M. Kellermann, 2018
Abb. 9: Foto M. Kellermann, 2014