Station 2 – Das Reduit

Zur Baubeschreibung und zum geschichtlichen Hintergrund

Das halbkreisförmige Reduit der Feste Kaiser Franz wurde vermutlich 1818 begonnen und 1819 fertig gestellt. Es befindet sich gegenüber des Frontgrabens am östlichen Bergabhang des Petersbergs. Das Bauwerk verfügte über zwei Stockwerke mit je 18 Kasematten, die über zwei Treppenhäuser je am südlichen und am nördlichen Ende verbunden waren. Im südlichen Kopfbau befand sich zudem bis 1834 der Eingang in das Reduit, der wegen Hangrutschung 1834/1835 in den zweiten Block rechts daneben verlegt wurde. Am nördlichen Kopfbau führte außerdem eine Rampenabfahrt in die unterirdische Kommunikation zur Bubenheimer Flesche. Hier befindet sich auch ein Zugang in die Ringpoterne unter dem Gebäude.(1)

Abb. 1: Reduit und Kehlturm der Feste Kaiser Franz, nach 1867

Während die zum Werkhof der Feste Kaiser Franz gerichtete Außenfassade des Reduits über acht Kanonenschießscharten im Erdgeschoss und 18 im Obergeschoss verfügt, ist die Innenfassade aufwändiger mit Fenstern und Türen gestaltet. Die beiden Treppenhäuser links bzw. rechts treten zudem aus dem Baukörper heraus.(2) Ein Entwurf der Fassade von 1818 findet sich hier (neuer Tab). Neben der kriegerischen Nutzung dienten die Kasematten auch zur Unterbringung der hier stationierten Soldaten.

Abb. 2: Innenfassade in der Mittelachse des Reduits, um 1900

Das Bauwerk schloss einen Innenhof ein, der über eine Rampenabfahrt bzw. eine Treppenanlage mit dem am Fuße des Petersbergs gelegenen Kehturm verbunden war. In diesem Innenhof befand sich neben dem unterirdischen Kriegspulvermagazin 1 eine Brunnenanlage mit einem aufwändig gestalteten Brunnenhaus aus der Sayner Hütte (eine Abbildung gibt es hier (neuer Tab)).

Zu größeren Umbauten am Gebäude kam es in den 1860er-Jahren, dabei wurde u.a. der Zinnenkranz auf dem Dach entfernt und durch eine Erdauflage ersetzt. Von 1876 bis 1877 wurde außerdem zum Schutz vor Beschuss auf der Hofseite ein Erdwall vor dem Reduit aufgeschüttet und rund um das Gebäude ein zweistöckiger Umgang angelegt.(3)

Abb. 3: Schnitt durch das Reduit mit neuem Umgang und Erdwall, 1875

Den Niedergang der Koblenzer Festungswerke konnten diese Umbauten allerdings nur verzögern, aber nicht aufhalten. 1890 wurde das gesamte System Feste Franz aufgegeben, die Moselflesche und die Neuendorfer Flesche wurden nach der Jahrhundertwende abgerissen, um Platz für neue Militärbauten zu schaffen. Das Reduit der Feste Kaiser Franz diente auch nach 1890 weiter als Unterkunft, vermutlich bis in den Ersten Weltkrieg hinein.

Abb. 4: Feuerschutzübung im Innenhof des Reduits, 1917

Im Zuge der Entfestigung der Feste Kaiser Franz nach dem Ersten Weltkrieg war im September 1920 auch das Reduit zur Zerstörung vorgesehen, während der Kehlturm erhalten bleiben sollte.(4) Da die amerikanische Armee das Kernwerk aber weiter für sich beanspruchte, blieb das Reduit zunächst von der Entfestigung ausgenommen. Zu dieser Zeit hatte das Gebäude schon arg gelitten: In der unteren Kasemattenreihe sind Fenster und Türen größtenteils entfernt, die Fensterscheiben im Obergeschoss sind zerbrochen. Als Kaserne diente das Gebäude zu diesem Zeitpunkt augenscheinlich nicht mehr. Am 14. Juni 1921 genehmigte die Interalliierte Militär-Kontrollkommission (I.M.K.K.) schließlich doch noch den Erhalt des Bauwerks,(5) das in der Folge vermutlich ungenutzt blieb.

Abb. 5: Innenfassade des Reduits der Feste Kaiser Franz in südlicher Richtung, um 1920

Über die folgenden Jahre ist nur wenig bekannt. Ende der 1930er-Jahre war im Reduit die Champignonzucht der Fa. Mangner aus Bendorf untergebracht, auf dem ersten Kasemattenblock stand eine Flak zur Sicherung des Lützeler Bahnhofs.(6) Nach dem Zweiten Weltkrieg diente das Gebäude den in die Stadt Koblenz zurückkehrenden Menschen als Notunterkunft, aus der sich über die Jahre eines der Koblenzer Elendsquartiere entwickelte. Pläne zur Einrichtung menschenwürdigerer Wohnungen im Reduit wurden verworfen. Stattdessen ließ die Stadt das Bauwerk Anfang 1959 räumen, bevor es in der Zeit vom 19. zum 23. Januar 1959 gesprengt wurde. Die Reste überwucherten und blieben so bis in unsere heutige Zeit als Ruine erhalten.

Anmerkungen

(1) Vgl. Weber, Klaus T.: Die preußischen Festungsanlagen von Koblenz (1815-1834), Weimar 2003, S. 231-235 (künftig: Weber, Festungsanlagen).
(2) Ebd., S. 234ff.
(3) Ebd., S. 237f.
(4) Vgl. Schreiben der I.M.K.K. Nr. 3701 vom 01.09.1920, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 4, Dokument Nr. 696/20.
(5) Vgl. Schreiben der I.M.K.K. Nr. 5423 vom 23.03.1921, in: LHA Ko Best. 578,002 Nr. 6, Dokument Nr. 493/21.
(6) Siehe einen Zeitzeugenbericht hier (neuer Tab).

Abbildungen

Abb. 1: GStA PK, XI. HA, FPK, E Nr. 70294 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 2: Ansichtskarte (Ausschnitt), Sammlung R. Arenz
Abb. 3: GStA PK, XI. HA, FPK, E Nr. 70293 (Ausschnitt), Public Domain Mark 1.0
Abb. 4: Ansichtskarte, Sammlung M. Kellermann (siehe auch hier (neuer Tab))
Abb. 5: Stadtarchiv Koblenz FA 4,3 Nr. 1 Bild 14, Fotograf Joseph Ring (siehe auch hier (neuer Tab))